*danke Caitlin Johnson
Warum wurde dieser „harmlose“ Kommentar nicht freigeschaltet?
Als Antwort auf diesen Kommentar zu einem Artikel im Tagesspiegel zum Gerichtsurteil zur Auslieferung von Assange
Was für ein Unrecht…
Sollte er ausgeliefert werden, dann können sich auch die Journalisten vom Tagesspiegel warm anziehen – vorbei die Pressefreiheit….
schrieb ich gestern
Das müssen sie mit Sicherheit nicht. Sie halten sich an die Vorgaben. Es wäre z.B. undenkbar, dass die Journalisten des Tagesspiegel eine gemeinsame Erklärung verfassen und veröffentlichen, in der sie – im Interesse der Glaubwürdigkeit des Westens – die sofortige Freilassung von Julian Assange fordern. Sie wären ihren Job los. Auf der anderen Seite können sie auch keine Artikel verfassen, z.B. in der Form eines Kommentars im Tagesspiegel, in dem sie das Vorgehen gegen Assange rechtfertigen. Ein echtes Dilemma, aber ein wohlverdientes, wie ich meine.
Das wurde nicht freigeschaltet. Auch auf die Nachfrage, inwiefern das gegen die Community-Richtlinien verstieße, ebenfalls keine Antwort.
Dabei gab es in den anderen freigeschalteten Kommentaren keinen Mangel an Kritik, wie z.B.
Im Fall von Assange werden nicht die Kriegsverbrecher und deren Befehlsgeber zur Verantwortung gezogen, sondern Assange, der die Welt über die Kriegsverbrechen informierte.
Es ist also interessant, warum gerade dieser Kommentar nicht veröffentlicht wurde. Vielleicht, weil er die Frage aufwirft, welchen Spielraum die Journalisten in einem solchen Medium tatsächlich haben. Sicher sind die meisten Journalisten auch in den Mainstreammedien privat der Meinung, dass Assange lieber freigelassen werden sollte, anstatt in die USA ausgeliefert zu werden. Aber es ist in der Tat undenkbar, dass alle Journalisten des Tagesspiegel (oder anderer großer Medien), die dieser Meinung sind, eine gemeinsame öffentliche Erklärung mit dieser Stoßrichtung abgeben. Genauso undenkbar ist es, dass in diesen Medien ein Artikel nach dem anderen mit dem Grundton der Empörung nach der Freilassung von Assange ruft, wie das für Nawalny selbstverständlich war. Vielmehr ist recht genau reguliert, was geht und was nicht. Kritik in den Kommentaren geht, minimale „neutrale“ Berichterstattung bei wesentlichen Ereignissen wie jetzt anlässlich des Gerichtsurteils geht, einzelne Journalisten dürfen auch ausnahmsweise eine Gegenposition beziehen, wie z.B. Harald Schumann vom Tagesspiegel, der ohnehin dort ein krasser Außenseiter ist. Totales Verschweigen geht nicht (wie bei dem OPCW-Skandal und dem veröffentlichten Briefwechsel zu Minsk 2). Ich habe keinen Zweifel, dass die Mainstreamjournalisten hier den Hauch der Macht spüren, auch wenn einige (viele? die meisten?) das in ihrer Überidentifizierung mit derselben abstreiten würden.
Assange darf ausgeliefert werden
Was können Sie nur mit Humor ertragen?
Sollte ich mal so berühmt sein, dass mich jemand das fragt, würde ich wahrscheinlich von schwarzem Humor sprechen und auf dieses Video verweisen:
Media freedom plays an indispensable role in informing the public, holding governments accountable, and telling stories that otherwise would not be told. The U.S. will continue to stand up for the brave and necessary work of journalists around the world. #SummitForDemocracy pic.twitter.com/ilitbdzSd1
— Secretary Antony Blinken (@SecBlinken) December 8, 2021
Kleine Anmerkung:
Einer der wichtigsten journalistische Kämpfer für Assange Craig Murray wurde gerade aus der Haft entlassen. Er saß dort wegen einer sehr fragwürdigen richterlichen Entscheidung, in der unter anderen unterschiedliche Kriterien für Mainstream-Journalisten und Blogger festgelegt wurden. Der ehemalige Botschafter wurde vor Jahren aus dem britischen diplomatischen Dienst entlassen, u.a. mit der Begründung er sei zu sehr auf das Thema Menschenrechte fixiert. Craig deckte auf, dass in Usbekistan eine illegale Folterstätte betrieben wurde.
Wo die Linke uns wirklich im Stich gelassen hat
Die Linke* hat bei der Pandemie versagt, aber nicht, weil sie Corona-Maßnahmen unterstützt hat
von William Mitchell 2.12.2021
Übersetzung von Ulrike Simon mit DeepL
*Gemeint ist die kollektive Linke, nicht die Partei
Hier die Übersetzung des gesamten Textes: 211202 Das Versagen der Linken – Bill Mitchell
Beginn der Übersetzung:
Es sind nicht die lockdowns, die die organisierte und „woke“* Linke als Teil ihrer Solidarität mit der Arbeiterklasse hätte angreifen sollen.
Wo die Linke uns im Stich gelassen hat, ist ihre Umarmung der Mainstream-Makroökonomie als eine Art unbestrittene Wahrheit, die dann nur noch Identität und ähnliche politische Fragen als das Terrain übrig lässt, über das sie mit den konservativen (rechten) Parteien streiten.
Die Tatsache, dass viele linke Regierungen die ersten waren, die den Monetarismus und seine späteren Varianten annahmen, markierte einen Wendepunkt für ihre Legitimität.
Die Linke hat uns im Stich gelassen, weil sie es versäumt hat, ihre politische Stimme zu erheben und darauf zu bestehen, dass die Regierungen die Corona-Maßnahmen folgendermaßen begleiten: Weiterlesen
Marx und das Geld
Der Artikel wurde am 24.11.2021 auf Makroskop veröffentlicht
Politische Injektionen von Geld in eine Volkswirtschaft erzeugen nichts als Inflation, meinte Marx. Daraus schließen moderne Marxisten, dass durch Fiskalpolitik die inhärente Dynamik der Kapitalakkumulation nicht veränderbar sei und der Ansatz von Keynes in die Irre führe.
Der Kapitalismus, ein System, das nicht durch den Wunsch nach verbesserten Konsummöglichkeiten angetrieben wird, sondern von dem Ziel, aus Geld mehr Geld zu machen, lässt sich nicht erklären, ohne sich mit eben jenem Geld zu beschäftigen. Diejenigen, deren politisches Bewusstsein durch Marx geprägt wurde, beginnen dabei selbstverständlich mit der Frage, wie aus G G’ wird.[1] Weiterlesen
Und schon wieder Corona (seufz!)
Komplexe Problematik
Wie Ökonomie oder Klimawandel ist auch eine Pandemie eine hochkomplexes Phänomen, das grundsätzlich schwierig zu verstehen ist, und auch erst mit der Zeit verstanden werden kann. Es muss aber sofort damit umgegangen werden und alle sind betroffen. Und dass eine ungleiche Gesellschaft nicht unbedingt gerecht mit der Sache umgeht, und genügend Leute darauf erpicht sind, aus der Lage Profit zu ziehen, ist zu erwarten. Aber grundsätzlich sind die Bürger*innen nicht nur Teil des Problems, das gemanagt werden muss, sondern auch Teil der Lösung.
Politisches Versagen linker Kräfte
(vergl. dazu auch Peter Nowaks Artikel) In dieser Situation gab es nicht nur Verwirrung sondern eine direkte Spaltung der Linken, und nun stehen sich hochemotional besetzte Positionen gegenüber, der Graben scheint unmöglich zu überbrücken. Weiterlesen
Die Linke, Ökonomie und die MMT (Marx, MMT und linke Strategie – 1)
Der Artikel erschien am 16. November 2021 bei Makroskop
Warum ein Katalog guter Forderungen, moralische Argumentation, Identitätspolitik und abstrakte Systemkritik kein Ersatz sind für ein fundiertes ökonomisches Konzept.
Ohne Ökonomie geht nichts. Linke streiten für gute Arbeit, bezahlbare Wohnungen, eine intakte Umwelt, sichere Renten, gute Bildung und ein funktionierendes Gesundheitssystem für alle. Aber beim Thema Geld ist dann Schluss. In der Regel ist nichts da. Und wer diese Forderungen stellt, muss sich ständig mit dem Vorwurf auseinandersetzen, man wolle mit vollen Händen das sauer verdiente Geld anderer Leute ausgeben.
Da kommt die Modern Monetary Theory (MMT) ins Spiel.
Der MMT zufolge haben „Staatsschulden“ eine völlig andere Qualität als die Schulden eines Betriebes oder Haushalts. Ein Staat mit eigener Währung setzt als Souverän das Geld überhaupt erst einmal in die Welt. Während alle anderen Akteure nach dem Prinzip der schwäbischen Hausfrau wirtschaften müssen, sind deswegen die möglichen Staatsausgaben – so die MMT – in Wirklichkeit nicht durch eine bestimmte Geldmenge sondern durch die verfügbaren realen Ressourcen begrenzt.
So ergibt sich eine völlig neue Perspektive für politisches Handeln. Weiterlesen
Produktive Arbeit?
Heute stellte Bill Mitchell in seinem Weekend-Quiz eine interessante Frage:
„Ein Staat kann immer Menschen dazu einstellen, zuerst Löcher zu graben und diese dann wieder zu zumachen.
Das wird aber das Wirtschaftswachstum weniger positiv beeinflussen als ein privater Investitionsplan zum Bau einer Fabrik.
But this option will not have the same impact on current economic growth ($-for-$) as a private investment plan which constructs a new factory.
Richtig oder falsch?“
Müllmenschblues
Heute mal was zum Stichwort „Oldies but Goodies“:
1974 erschien Peter Jacobis Album „I could cry for lauta Blues …“
Leider sind die Texte nicht mit gealtert.
Beispiel: der „Müllmenschblues“
Shit Jobs haben aber nicht nur die Müllmenschen, die tun wenigstens etwas Sinnvolles. Hier schreibt David Graeber zum Thema Bullshit Jobs
Und hier der Text des „Müllmenschblues“:
If the Müllmensch leers the Tonne
I could cry for lauta Bluus
And I cry ganz laut aus Wonne
Weil er die Tonnen leeren muss! Weiterlesen