Warum Klimapolitik ohne Frieden nicht gelingen kann

Wie ernst wird das Bündnis Sarah Wagenknecht den Klimaschutz? Wird sie – womöglich gemeinsam mit den Klimaleugnern der AfD – die deutschen Klimaschutzanstrengungen torpedieren?

Dazu schreibt Peter Wahl auf Makroskop:

Auch für die Lösung der Klima- und Umweltkrise, setzt das Programm auf „die Entwicklung innovativer Schlüsseltechnologien für eine klimaneutrale und naturverträgliche Wirtschaft der Zukunft.“ Allerdings ist das kein blindes Vertrauen in den Fortschritt der Produktivkräfte, sondern es wird auf die Risiken verwiesen, wenn Technik in die falschen Hände gerät (siehe nächsten Abschnitt). Einer ökologischen Wende auf dem Rücken der breiten Bevölkerung wird eine Absage erteilt, implizit damit auch Konzepten, die einen radikalen Wandel der Lebensweise ins Zentrum ihrer Klima- und Umweltstrategie stellen.

Fest steht: Auf dem umstrittenen Gebiet der Energiewende Konsensbildung, Transparenz der Entscheidungsprozesse, gerechter Interessensausgleich und Gemeinschaftssinn besonders wichtig. Das lässt sich zunächst in einem nationalen Rahmen weitaus einfacher bewerkstelligen als auf EU-Ebene oder gar global. Es braucht dazu jedoch einen gestaltenden Staat, der das Primat der Politik über die Wirtschaft durchzusetzen in der Lage ist.

Und wer torpediert international den Klimaschutz? Der Aggressor Putin und sein „Machtzirkel“ die ihre, vornehmlich auf dem Verkauf fossiler Rohstoffe beruhende, autokratische Machtstellung durch die weltweite Nachhaltigkeitswende bedroht sehen und, unfähig zu Strukturreformen, auf Militarismus und Chauvinismus setzen, wie z.B. Klaus Dörre schreibt? Die USA mit ihrem Anspruch auf full spectrum dominance, für deren Regierungen gleich welcher Couleur Diplomatie ein Fremdwort und Machtpolitik das einzige Mittel der Wahl seien, wie Jeffrey Sachs meint?

Für Klimaschützer geht es nicht um Schuldzuweisungen. Es geht darum, sich nicht nur weiterhin lokal und global für wirksame Klimaschutzmaßnahmen einzusetzen, sondern alles in unserer Macht stehende zu tun, um Diplomatie als Mittel zur Konfliktlösung und die gleichberechtigte Kooperation zwischen souveränen Staaten in den Mittelpunkt der Politik zu rücken. Nur so hat die notwendige sozial-ökologische Transformation überhaupt eine realistische Chance.

Nordstream 2 revisited Neufassung 20-2-23

Klimaskepsis ist die falsche Antwort auf schlechte Klimapolitik

Wir haben auf Makroskop einen Artikel zu dem Thema veröffentlicht.

Die Einleitung:

Klimaskeptiker sind der Meinung, dass man im großen und ganzen so weiter machen kann und sollte wie bisher. Dazu führen sie immer wieder seit Jahrzehnten diskutierte und widerlegte Argumente an. Um inhaltliche Kohärenz geht es dabei nicht. Den Klimaskeptikern ist alles recht, was die Dringlichkeit der Dekarbonisierung der Energieversorgung in Frage stellt. Argumente, die Zweifel an den Grundlagen, Befunden, Methoden und Prognosen der Klimaforschung selbst wecken sollen, gehen munter durcheinander mit solchen, die die Gefahren der globalen Erwärmung herunterspielen und wiederum anderen, die die Machbarkeit einer Umstellung der Energiesysteme anzweifeln.

Es gibt viele Umweltprobleme und viele notwendige Maßnahmen. Trotzdem: Der weltweite CO2-Ausstoß muss verringert werden. Daran führt kein Weg vorbei.

Unser Fazit richtet sich an die am Sonntag so erfolgreiche AFD, aber nicht nur an diese:

Die Klimaskeptiker kritisieren, dass unsere Regierung Klimapolitik betreibt; was jedoch der Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen sein sollte, ist, wie sie es tut. Aber dazu müsste man zuerst die konservative Erkenntnis akzeptieren, dass Veränderungen notwendig sind, damit die Dinge so bleiben können wie sie sind.

Hier der gesamte Text.

Eigentlich müsste nun ein Text kommen, wie gute Klimapolitik aussähe, wenn’s nach uns ginge. Mal sehen.

Verzweiflung. Realismus. Fürsorglichkeit.

Heute erschien bei Makroskop mein neuer Artikel.

Wer meinen Text „CO2-freie Fabrik: Die Herren meinen es ernst“ als Loblied auf den Kapitalismus als Klimaretter gelesen hat, ist zu Recht skeptisch. Sieht die Realität nicht eher so aus wie Rainer Land sie in seinem Artikel vom November 2022 beschreibt? Seit 2020, stellt er fest, sei der Zug zur Erreichung des 2-Grad Ziels abgefahren. Tiefster Pessimismus scheint angebracht: Trotz aller Rhetorik und vieler Taten werden die Klimaziele weltweit regelmäßig nicht erreicht. In Deutschland kann eine Partei, die den menschengemachten Klimawandel bestreitet, auf mehr als 20 % der Wählerstimmen hoffen. Und global ist im Gefolge des Ukraine-Krieges die Dynamik des Wettbewerbs zwischen den Großmächten immer deutlicher zu spüren und torpediert die für eine rechtzeitige Energiewende erforderliche intensive internationale Zusammenarbeit.

Das Apfelbäumchen
Dennoch, schreibt Land, bleibe zu bedenken, wie wir mit dem zu erwartenden Szenario umgingen, und ob man humane Bedingungen für die Überlebenden und das letzte Jahrhundert erhalten könne, denn nur so könnten wir weiter leben im Angesicht einer Welt, die sich selbst zerstört. Wie kann ein denkender und tatkräftiger Mensch dem Gefangensein zwischen tiefster Verzweiflung und idealistischer Traumtänzerei, selbstüberschätzender Hyperaktivität und depressiver Lähmung entkommen?
Hier geht es weiter: Verzweiflung-Realismus-Fürsorglichkeit

Nordstream 2 revisited

Warum Klimapolitik ohne Frieden nicht gelingen kann

Heute sind die wichtigsten Schritte zur Klimarettung die Aufgabe des Konfrontationskurses mit Russland und China und die Entlastung der Energiemärkte durch Aufgabe der Sanktionen und die Öffnung von Nordstream 2.

Wenn ich heute die Inbetriebnahme von Nordstream 2 befürworte, bekomme ich Beifall von der „falschen“ Seite und die Mehrheit meines Bekanntenkreises ist entsetzt.

Nicht wenige Deutsche sehen in der Verteuerung der Energie und dem Druck auf Russland eine große Chance für die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft. Die Geschichte geht so:

  • Mit dem Aus für Nordstream 2 ist die Macht der Gaslobby gebrochen, die bisher die Energiewende entscheidend hintertrieben hat. Unter dem Vorwand, Gas sei unverzichtbarer Übergangsenergieträger, hat sie bisher unsere Energieversorgung langfristig von billigem russischem Gas abhängig gemacht und dabei glänzend verdient.
  • Die Sanktionspolitik weist nicht nur einen Aggressor in seine Schranken, sondern dessen Schwächung ist auch gut für den Klimaschutz. Putin und sein „Machtzirkel“ sahen ihre, vornehmlich auf dem Verkauf fossiler Rohstoffe beruhende, autokratische Machtstellung durch die weltweite Nachhaltigkeitswende bedroht, wie z.B. Klaus Dörre1 schreibt. Unfähig zu Strukturreformen habe der „Putinismus“ auf Militarismus und Chauvinismus gesetzt; dies sei eine der Ursachen für den Überfall Russlands auf die Ukraine gewesen.

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Konfrontation mit Russland und China ist unvereinbar mit der Rettung des Klimas

Ich denke, bei vielen ist heute Klimapolitik in erster Linie „virtue-signalling“. Was wundersam zusammenfällt mit der moralisch korrekten Haltung zum Ukraine-Krieg. Wir schaden Putin, indem wir Gas sparen und retten zugleich das Klima. Ein moralisches Win-win.

Inhaltlich ist das aber leider total falsch. Denn die Erderhitzung ist tatsächlich ein reales Problem. Wir gehen in wahrsten Sinn des Wortes dem Weltuntergang entgegen. Das ist kein leeres Gerede und auch kein religiöser Wahn, sondern das ist der Stand der Wissenschaft (IPCC-Bericht). [Natürlich bezieht sich „Weltuntergang“ immer auf den Untergang der Menschheit, wie wir sie heute kennen, nicht auf den Untergang des Planeten in irgendeiner Form.] Heute sind zwar die Auswirkungen der bisherigen Erwärmung eindeutig nachweisbar, aber es gibt nicht im entferntesten wirklich katastrophale Folgen. Nahrungsmittel werden weltweit im Überfluss produziert. Wenn jemand hungert, dann wegen Geldmangel, nicht wegen Nahrungsmangel. Wenn man den Fleischkonsum reduziert, ergeben sich noch viel größere Spielräumen. Fast nirgendwo geht die Bevölkerung zurück wegen Nahrungsmangel oder anderen Umweltproblemen. Das wird sich radikal ändern in einer drei, vier, fünf Grad wärmeren Welt. Das dauert nur noch wenige Jahrzehnte, wenn nicht wirklich radikale Änderungen weltweit erfolgen. Und damit bin ich beim Thema. Weiterlesen

New Economics – A Manifesto von Steve Keen

Steve Keen ist ein bekannter Vertreter der Modern Monetary Theory (MMT) (Anmerkung am 31.8.: Das hatte ich gedacht, es stimmt aber nicht, was die genauen Unterschiede sind, weiß ich noch nicht; es gibt jedoch eine kritische Auseinandersetzung). Dass er sich auch intensiv mit dem Klimawandel beschäftigt hat, war (mir zumindest) nicht so bekannt.

Ich habe für Makroskop einen Artikel über sein neuestes Buch geschrieben.

Um funktional und wissenschaftlich zu sein, so Steve Keen, müsse ein neues Paradigma der Wirtschaftswissenschaften folgende Bedingungen erfüllen, die er in seinem Buch erläutert:

  • Modellierung des Kapitalismus als komplexes, dynamisches und chaotisches System (Kapitel 3),
  • Verwendung systemanalytischer mathematischer Methoden (Kapitel 6),
  • Arbeit mit realistischen Grundannahmen (Kapitel 5),
  • Berücksichtigung der zentralen Rolle des Geldes (Kapitel 2) und
  • der physikalischen Gesetze der Thermodynamik (Kapitel 4).

Zum Artikel

Schocktherapie gegen aggressiven ‚Putinismus‘ und Klimawandel?

Mit kapitalistischer Dynamik und Klimabewegung ins sozial-ökologische Utopistan?
Oder werden wir alle exterminiert?

 

Einer der Gründe für die „Aggressivität des Putinismus“ und den Ukraine-Krieg ist nach Klaus Dörres Auffassung die Bedrohung seines Geschäfts- und Herrschaftsmodells durch die globale Energiewende. Schließlich beruhen bis zu 43% der Einnahmen auf den Exporten fossiler Energien. In der Zeitschrift ‚Sozialismus‘ (Heft 4-22) schreibt er:

„ … die Russische Föderation [würde] ohne radikalen wirtschaftlichen Strukturwandel unweigerlich zu den Verlierern einer Nachhaltigkeitswende in den Abnehmerstaaten gehören […]. Je rascher dort [z.B. in Europa] die Abkehr von fossiler Energie gelingt, desto wertloser werden russische Öl- und Gasvorkommen. Das dürfte einer der Hauptgründe dafür sein, dass die Zukunftsszenarien jenes Machtzirkels, mit dem sich der Autokrat Putin umgibt, ausgesprochen düster ausfallen.“

Jetzt sei aus russischer Sicht für die Umsetzung einer „aggressiven Hochrisikostrategie“ ein guter Zeitpunkt, um den „Würgegriff“ um den Hals des Westens legen. Die Nato sei durch die Niederlage in Afghanistan geschwächt, die EU zerstritten und in „ihrem Inneren mit den Praktiken sogenannter illiberaler Demokratien etwa Polens und Ungarns konfrontiert“. Gleichzeitig dulde, wenn nicht gar unterstütze China die Vorgehensweise Russlands als Verbündeter. Weiterlesen

Michael Hudson und Bill Mitchell zu Biden’s Klimapolitik

„Der Kunst eines US-amerikanischen Politikers ist es, die Wähler dazu zu bringen, ihn zu wählen, damit er sie anschließend den Interessen seiner Geldgeber ausliefern kann.“

Das sagte der Ökonom Michael Hudson, Autor des Buches Superimperialism, im Interview mit George Galloway und dessen Frau Gaytari. Das Thema wird ab ca. Minute 7 besprochen, aber das ganze Interview ist nicht uninteressant (Hudson ist übrigens Trotskys Patensohn).

Für die USA bedeute dies mehr Genehmigungen für off-shore Öl-Bohrungen, Fracking und Kohleabbau, für Europa solle es nach Wunsch der USA bedeuten, weniger Gas aus Russland, mit vergleichsweise niedrigerem CO2 Gehalt, statt dessen mehr Fracking Flüssig-Gas und Öl aus den USA mit höherem CO2 Gehalt. Die Umweltschützer bekämen nichts.

Und Bill Mitchell schrieb heute in seinem Blogbeitrag The financial markets should be kept away from the climate crisis solution, dass klar geworden sei, wie sehr die Welt in Schwierigkeiten stecke, als die US-amerikanische Finanzministerin Janet Yellen auf der COP26 folgendes sagte: Weiterlesen

Macht das Sinn?

Laut dem Ökonomen und Historiker Michael Hudson befinden wir uns nicht an einem Punkt einer langen Reihe von Entwicklungsstufen des Kapitalismus, sondern dieser ist selbst unter die Räuber gefallen: vereinnahmt durch die militärische US-amerikanische Staatsmaschine, in die ein Großteil der amerikanischen Gesellschaft bis hin zur Arbeiterin in der Rüstungsindustrie verstrickt ist, und den mit dem Staatsapparat verwobenen Finanz-/Immobilien-/Versicherungssektor, der die Welt finanziell unterwirft. Weiterlesen