Vom finanzialisierten Neoliberalismus zu einer produktiven und nachhaltigen Volkswirtschaft

Wie angekündigt nun die Zusammenfassung von Radhika Desai und Michael Hudsons finanzpolitischen Forderungen als Mitglieder des Beratungsteams von Jill Stein.

Im amerikanischen Wahlsystem haben third-party candidates bisher keine Chance. Dr. Jill Stein kandidiert trotzdem bei den US-Präsidentschaftswahlen nun schon zum zweiten Mal für die Green Party. So bekommen diejenigen eine Stimme, die keinen der beiden Haupt-Kandidaten als kleineres Übel zu betrachten vermögen; und im Umfeld ihrer Kandidatur können klare alternative politische Positionen formuliert werden.

Genau das tun die Ökonomen Radhika Desai und Michael Hudson als Mitglieder des Beratungsteams der Präsidentschaftskandidatin. In ihrem Video vom 9.2.2024 „Economic Solutions: How To Go from Financialized Neoliberalism to a Productive, Sustainable Economy“ erläutern sie ihre wirtschaftspolitischen Vorstellungen zur Reform des Finanzsystems. Denn ohne grundlegende Veränderungen dort, die Reform seiner „Wurzeln und Verästelungen“, wie es Desai ausdrückt, sei jeder Transformationsversuch zum Misserfolg verurteilt – ganz gleich wie die jeweilige Vorstellung von einer gerechteren und nachhaltigeren Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung im Einzelnen auch aussehen mag.

Ihre Ausführungen beziehen sich auf die USA sind jedoch vom Grundsatz her auch für Europa bzw. Deutschland von Interesse. Angesichts der bestehenden Realitäten mögen sie utopisch erscheinen. Aber, so Desai und Hudson, ihre Vorstellungen seien ohne weiteres realisierbar, keineswegs neu und schon vor Jahrzehnten gründlich durchdacht und teilweise erfolgreich erprobt worden. Die Umsetzung scheitere nicht an der technischen Machbarkeit oder der fehlenden Wirksamkeit der Maßnahmen für die gewünschten Zwecke. Sie scheitere am politischen Willen.

Diese Erkenntnis ist wichtig für alle, die die heutigen Verhältnisse verändern möchten, so aussichtslos das aktuell auch erscheinen mag: entlarvt sie doch das heute so wirksame Dogma der Alternativlosigkeit als Mythos.

Dazu sagt Desai:

„… da die politische Legitimität und Macht derjenigen, die an der Spitze des Systems stehen, insbesondere in den Vereinigten Staaten, zusehends schwindet, […] ist es jetzt an der Zeit […], Forderungen nach einem alternativen System zu stellen.“

Die im Video erörterten Stellschrauben dafür sind: Geldschöpfung, Geldpolitik, Steuerpolitik, Eigentum an Grund und Boden, Kontrolle der Finanzindustrie, Einkommenspolitik und Veränderung des Weltwährungssystems. Weiterlesen

Der weiße Mann gegen den Rest der Welt

Michael Hudson über den neuen kalten Krieg

Ausschnitt aus einem seiner vielen Interviews, die er in der letzten Zeit gibt

Beginn der Übersetzung

Es gibt sehr wenig, was ein Zentralbanker tun kann, wenn der Westen einem völlig isolierten Land, im Prinzip den Krieg erklärt hat.
Die Antwort kam von Präsident Putin und von Außenminister Lawrow. Sie zeigten, wie Russland Handel treiben und sich das besorgen kann, was es braucht. Und genau darum geht es bei den jüngsten Treffen der BRICS-Staaten.
Russland hat erkannt, dass die Welt jetzt in zwei Hälften geteilt ist. Amerika und die NATO haben den Westen abgespalten. Im Grunde gibt es nun einen Bund der Weißen gegen den ganzen Rest der Welt.
Und der Westen hat gesagt, wir isolieren uns völlig von euch. Und wir glauben, dass ihr ohne uns nicht zurechtkommen könnt.
Nun, sehen Sie sich den Humor dieser Sache an. Russland, China, Iran, Indien, Indonesien und andere Länder sagen: Ha, ihr sagt, wir kommen ohne euch nicht aus? Wer beliefert eure Hersteller? Wer versorgt euch mit Rohstoffen? Wer liefert euer Öl und Gas? Wer liefert eurer Landwirtschaft, das Helium, das Titan, das Nickel?
Sie erkennen also, dass die Welt in zwei Teile zerbricht und Eurasien, wo sich der Großteil der Weltbevölkerung konzentriert, seinen eigenen Weg gehen wird. Weiterlesen

Amerika besiegt Deutschland zum dritten Mal in einem Jahrhundert:

MIC, OGAM und FIRE Sektoren erobern die NATO

Von Michael Hudson

Beginn der Übersetzung

Mein alter Chef Herman Kahn, mit dem ich in den 1970er Jahren am Hudson Institute gearbeitet habe, hatte eine bestimmte Rede, die er auf öffentlichen Versammlungen zu halten pflegte. Er sagte, dass seine Lehrer in der High School in Los Angeles immer das sagten, was die meisten Liberalen in den 1940er und 50er Jahren sagten: „Kriege haben noch nie etwas gelöst.“ Es war, als ob sie nie etwas verändert hätten – und deshalb nicht geführt werden sollten.

Herman war da anderer Meinung und stellte Listen mit allen möglichen Dingen auf, die Kriege in der Weltgeschichte gelöst oder zumindest verändert hatten. Er hatte Recht, und das ist natürlich das Ziel beider Seiten in der heutigen Konfrontation des Neuen Kalten Krieges in der Ukraine.

Die Frage, die man sich stellen muss, ist, was der Neue Kalte Krieg von heute zu ändern oder zu „lösen“ versucht. Um diese Frage zu beantworten, hilft es, sich zu fragen, wer den Krieg auslöst. Es gibt immer zwei Seiten – den Angreifer und den Angegriffenen. Der Angreifer beabsichtigt bestimmte Konsequenzen, und der Angegriffene sucht nach unbeabsichtigten Konsequenzen, die er ausnutzen kann. In diesem Fall gibt es auf beiden Seiten ein Duell der beabsichtigten Konsequenzen und der besonderen Interessen. Weiterlesen

Warum handeln die Deutschen gegen ihre eigenen Interessen?

Frage bei Moonofalabama: „Ich habe Bernhard immer dazu ermutigt, zu erklären, warum Deutschland den USA so unterwürfig zu sein scheint. Meine Theorie war immer, dass sich mit der Krise von 2008 und der Rettung der DeutschenBank durch die Fed etwas grundlegend geändert hat… eine Art Bedrohung. Seitdem treiben die EU und Deutschland nur noch die atlantische Agenda voran,[…]“

Die Antwort eines Kommentators: Posted by: xototox | Feb 22 2022 22:59 utc | 212

Beginn der Übersetzung

Als Deutscher habe ich mir über diese Frage viele Gedanken gemacht und werde versuchen, ein paar Teile des Puzzles zu liefern. Die Antwort lautet (für mich), dass die deutsche Wirtschaft, Politik und Medien in den letzten Jahrzehnten, vor allem aber in den letzten 20 Jahren, mehr als je zuvor von der transatlantischen Machtpolitik verstrickt und korrumpiert worden sind. Und zwar so sehr, dass es unmöglich scheint, sich davon zu befreien, ohne dass es zu einem großen Eklat zwischen Deutschland und den USA kommt, der erhebliche, wenn nicht gar fatale Folgen haben könnte. Weiterlesen

Michael Hudson und Bill Mitchell zu Biden’s Klimapolitik

„Der Kunst eines US-amerikanischen Politikers ist es, die Wähler dazu zu bringen, ihn zu wählen, damit er sie anschließend den Interessen seiner Geldgeber ausliefern kann.“

Das sagte der Ökonom Michael Hudson, Autor des Buches Superimperialism, im Interview mit George Galloway und dessen Frau Gaytari. Das Thema wird ab ca. Minute 7 besprochen, aber das ganze Interview ist nicht uninteressant (Hudson ist übrigens Trotskys Patensohn).

Für die USA bedeute dies mehr Genehmigungen für off-shore Öl-Bohrungen, Fracking und Kohleabbau, für Europa solle es nach Wunsch der USA bedeuten, weniger Gas aus Russland, mit vergleichsweise niedrigerem CO2 Gehalt, statt dessen mehr Fracking Flüssig-Gas und Öl aus den USA mit höherem CO2 Gehalt. Die Umweltschützer bekämen nichts.

Und Bill Mitchell schrieb heute in seinem Blogbeitrag The financial markets should be kept away from the climate crisis solution, dass klar geworden sei, wie sehr die Welt in Schwierigkeiten stecke, als die US-amerikanische Finanzministerin Janet Yellen auf der COP26 folgendes sagte: Weiterlesen

Wirtschaft für das eine Prozent?

Für alle, denen vielleicht das Transkript etwas zu lang ist, hier meine Zusammenfassung der Debatte Piketty-Hudson, die am 23-10-2021 bei Makroskop erschienen ist. In der Beschreibung sind sich die beiden einig, nicht unbedingt aber darüber wie das zu erklären und was zu tun ist.

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Die große Schuldendebatte – ein Gespräch zwischen Michael Hudson und Thomas Piketty

Die Debatte wurde anlässlich des 1. Todestages von David Graeber organisiert, als erster Kampf im Fight Club im Rahmen des Museums of Care, einem Projekt, das von ihm und seiner Frau Nika Dubrovsky  auf die Beine gestellt wurde. Sie wurde hier und bei der RSA (royal society for arts, manufactures and commerce) veröffentlicht, von Lynn Parramore moderiert und von David Graeber’s Witwe Nika eingeleitet. Bei The Vinyard of the Saker sind Debatte und das hier übersetzte und mit Nikas Erlaubnis veröffentlichte Transkript  ebenfalls  zu finden.

Viel Spass beim Lesen! Es lohnt sich, trotz der relativen Länge des Texts. Weiterlesen