Stammtisch

Herzlich willkommen beim Dreimallinks-Stammtisch.

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Gibt es in den USA eine Alternative zur Wahl des „kleineren Übels“?

Warum etliche Wähler in den USA sich wahrscheinlich nicht für die Wahl einer der „Unipartys“ entscheiden können, habe ich in dem Artikel dargestellt, der heute auf Makroskop erschien.

Soll man den „weltbesten Bandenchef“ oder lieber die in den demokratischen Vorwahlen von 2020 unbeliebteste demokratische Kandidatin wählen? Jill Stein und ihr running mate Butch Ware stehen für eine alternative Politik – innen- und außenpolitisch. Hier findet man die grundsätzlichen Vorstellungen  der Ökonomen Radhika Desai und Michael Hudson – Mitglieder des Berater-Teams um die Präsidentschaftskandidatin – zur Finanz- und Fiskalpolitik.

Und hier der Artikel als pdf-Datei.

 

Der Globale Süden als Friedensstifter?

Heute erschien bei Makroskop mein Artikel „Der Globale Süden als Friedensstifter?“ über die von China und Brasilien angestoßene Friedensinititive.

Der Ukraine-Krieg ist nicht nur für Europa eine Katastrophe. Auch viele Länder des „Globalen Südens“ sind von den Folgen betroffen. Das ist der Hintergrund für das von China und Brasilien am Rande der UN-Vollversammlung initiierte Treffen zur Bekräftigung ihres „Gemeinsamen Vorschlags für Friedensverhandlungen unter Beteiligung von Russland und der Ukraine“ vom Mai 2024. Von den siebzehn Staaten, die an dem Treffen teilnahmen, unterzeichneten zwölf am 27. September ein gemeinsames Neun-Punkte-Kommuniqué. Unter anderem ist in dem Beschluss festgeschrieben, im Rahmen der Vereinten Nationen eine Gruppe von „Freunden für den Frieden“ zu bilden. Der Chef-Sprecher des Schweizer Außenministeriums, das Beobachter zu dem Treffen entsandt hatte, begrüßte den Vorstoß. Zum gesamten Artikel: 241009-Der-globale-suden-als-friedensstifter

Die Ereignisse haben den Artikel schon überholt: Sowohl das dort erwähnte für den 12. Oktober geplannte Rammstein-Treffen, als auch die für November geplante Friedenskonferenz, die als Fortsetzung für das Treffen in der Schweiz geplant war, wurden abgesagt. Dazu Alexander Mercouris:

It looks to me that this announcement to postpone the peace conference is connected to the American decision to postpone the Ramstein meeting as well. It looks as if the Americans have decided to clear the decks to put everything back perhaps to next year rather than to be pushed into further diplomatic expeditions and moves and to decide and to be put into a position where they’d be under pressure to make further commitments to Ukraine that they don’t want to make. If I am right in thinking this, and I suspect I am, then even as Ukraine reels from one defeat to the other on the battlefields we have seen the first strongest and clearest sign that the United States is now closing the book on the whole affair.

Fortschritt?

Mal was ganz anderes:

Diese Beschreibung einer U-Bahn-Fahrt von Agatha Christie, die ich hoffentlich einigermaßen lesbar übersetzt habe, erschien 1947. Ersetzt man die Stricknadeln durch Handys, könnte sie aktueller nicht sein. Eigentlich traurig, dass der öffentliche Personennahverkehr in 74 Jahren nicht komfortabler geworden ist!

Hercule Poirot, der in der U-Bahn hin und her schaukelte und dabei mal gegen den einen Körper, mal gegen einen anderen geworfen wurde, dachte bei sich, dass es zu viele Menschen auf der Welt gab; mit Sicherheit gab es zu viele an diesem Ort, der unterirdischen Welt Londons und zu diesem Zeitpunkt, 18.30 am Abend. Hitze, Lärm, Gedränge, der unwillkommene Druck auf Hände, Arme, Körper und Schultern, die von Fremden eingepfercht und herumgedrückt wurden. Und im Großen und Ganzen, so dachte er mit Widerwillen, handelte es sich um einen einfachen und uninteressanten Haufen von Fremden. Überhaupt war die Menschheit in der Masse nicht attraktiv.

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Den Frieden gewinnen: zum gleichnamigen Buch von Heribert Prantl

Heribert Prantl hat über die Süddeutsche Zeitung jahrelang den politischen Diskurs in Deutschland geprägt. Nun hat er ein Buch mit dem Titel „Den Frieden gewinnen“ geschrieben, das ich rezensiert habe. (Hier als pdf-Datei). Die Rezension ist sehr wohlwollend ausgefallen und wurde zusätzlich vor der Veröffentlichung nochmals weichgespült. Ich denke, sie kann trotzdem nützlich sein. Prantl argumentiert nämlich, dass es notwendig ist, friedliche Lösungen für die aktuellen Konflikte, insbesondere den Ukraine-Krieg zu suchen, auch wenn wenn man keinerlei Verantwortung für den Ausbruch des Krieges trägt (ich würde natürlich sagen „trüge“, aber sei es drum), mehr noch, Politik und Gesellschaft in Deutschland seien sogar dazu verpflichtet. Der Fehler liegt seiner Meinung nach in dem sich Einlassen auf die Kriegslogik selbst, wie es sich in der Zeitenwende manifestiert hat. Er fordert ein Umdenken in Richtung Friedenslogik, die Schuldfrage sei zweitrangig. Und er gibt zu bedenken, dass es trotz aller widrigen Faktoren, möglich ist, Frieden zu schaffen.

Unter dieser Voraussetzung könnten auch diejenigen, für die Putin nichts Anderes als ein Schurke und Kriegsverbrecher ist, nun darüber nachdenken, ob es, um ihm Einhalt zu gebieten, Alternativen zu militärischer Eskalation und der generellen Militarisierung unserer Gesellschaft gibt. Und ist der Dialog einmal in Gang gekommen, sind überraschende Lösungen möglich. Da die Friedensfrage die wichtigste überhaupt ist, ist nur zu wünschen, dass diese Argumentation möglichst viele Menschen überzeugt.

That said, möchte ich trotzdem ein paar Gedanken und Kritikpunkte loswerden, die nicht (teilweise nicht mehr) in der veröffentlichten Rezension vorkommen. Weiterlesen

Mehr Sicherheit durch die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Wiesbaden?

Der Artikel als pdf-Datei.

Der völkerechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa erheblich verschlechtert, argumentiert die Bundesregierung. Das im Juli mit den USA geschlossene Abkommen Deutschlands zur Stationierung von landgestützten Raketen mit strategischen Reichweiten werde unsere Sicherheit verbessern. Es diene zur Abschreckung Russlands von einem Angriff auf Natomitglieder und trage so zur Verhinderung weiterer Kriege auf europäischem Boden bei. Oberst a.D. Wolfgang Richter widerspricht.

Geplant ist die temporäre und später dauerhafte Stationierung einer von fünf Multi-Domain-Task-Forces (MDTFs) in Deutschland. Diese Task Forces sind bewegliche Truppenverbände zur regionalen Kriegführung, die eine integrierte militärische Reaktion auf die unterschiedlichsten Bedrohungsszenarien erlauben. Schon 2017 begannen die USA mit dem Aufbau dieser Verbände, von denen zwei im indo-pazifischen Raum stationiert werden sollten, einer für die Arktis, einer für den Verbleib in den USA (und damit zur flexiblen Verwendung) und der fünfte, der nun nach Wiesbaden kommen soll, für Europa / Afrika vorgesehen war. Die Verbände sind mit verschiedenen landgestützten Raketensystemen ausgerüstet, die mit konventionellen Sprengköpfen ausgestattet werden (theoretisch könnten auch nukleare Sprengköpfe verwendet werden, was aber aktuell ausgeschlossen wurde.): Die sich noch im Entwicklungsstadium befindenden Dark Eagles sind Hyperschallraketen mit der – strategischen – Reichweite von bis zu 2.800 km. Die Tomahawk Marschflugkörper haben die – operative – Reichweite von 1700 – 2.500 km. Deren Abschussbatterien können auch SM-6-Luftabwehrraketen starten, die jedoch bei einer Reichweite von 370 – 460 km auch für Angriffe genutzt werden können. Schließlich gehören noch die HIMARs dazu, die die – taktischen – Reichweiten von 165 – 300 km abdecken, und häufig mit Cluster-Munition bestückt werden. Ein MDTF-Verband kann ohne Nachladen 40-48 Raketen gleichzeitig abschießen.

Die Stationierung solcher Raketen in Europa war bis 2019 nicht möglich, da das INF-Abkommen zwischen den USA und der UdSSR/Russland von 1987 über die Vernichtung aller boden-/landgestützten Nuklearraketen mit mittlerer und kürzerer Reichweite (zwischen 500 und 5500 Kilometer) das verbot. Präsident Trump kündigte das Abkommen im Februar 2019, einen Tag später folgte Russland, sodass das Abkommen im August 2019 auslief.
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Gaza Tagebuch

Aus  diesem Blog wurde lange nichts über Gaza gepostet, nicht weil es dort besser geworden ist, oder das Thema für uns uninteressant – ganz im Gegenteil: die Situation ist nach wie vor unerträglich.

Kurz nach seiner Ermordung veröffentlichten wir ein Gedicht von Refaat Alareer. Nun erschienen seine bisher unveröffentlichten Tagebucheinträge auf  The Electronic Intifada.  Sie enden mit der Zerstörung seines Hauses im einem Bombenanschlag und der Flucht der Familie in eine Schule. Was in diesem Beitrag von The Electronic Intifada nicht steht, jedoch anderswo berichtet wurde, ist, dass er von Israelis über sein Handy darüber informiert wurde, dass er auf ihrer Abschussliste stünde. Um die Menschen in der Schule und seine Familie nicht zu gefährden, zog er zu seiner Schwester. Dort wurden er, die Schwester und ein Bruder, sowie weitere Familienangehörige durch einen Luftangriff getötet.

The unpublished genocid diaries of Refaat Alareer

The following pieces by Dr. Refaat Alareer, the Palestinian poet, professor and beloved mentor who was murdered in an Israeli airstrike on 6 December 2023, have not been published previously. These pieces will also appear in If I Must Die: Poetry and Prose, an anthology of Alareer’s work compiled with an introduction by Yousef M. Aljamal and published by OR Books. […] On 26 April 2024, Alareer’s oldest child, Shymaa, was killed in an Israeli attack along with her husband Muhammad Abd al-Aziz Siyam and their 3-month-old son Abd al-Rahman. The infant was born after Alareer’s death and was his first grandchild.

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Europa und der Ukrainekrieg: Chancen und Herausforderungen für eine zukünftige Friedens- und Sicherheitspolitik

Das ist der Titel des im Juni erschienenen Buches eines Autorenkollektivs herausgegeben von Götz Neuneck. Laut Klappentext vereint das Buch

fünf Aufsätze von Mitgliedern der Studiengruppe „Frieden und Europäische Sicherheit“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, die Informationen und Argumente liefern, um die Komplexität des gegenwärtigen Ukrainekrieges besser zu verstehen, die öffentliche Diskussion zu versachlichen und realistische Optionen für eine Beendigung des Krieges sowie für eine stabile Nachkriegsordnung vorzubereiten.

Die Beiträge sind von Helmut W. Ganser (Brigadegeneral a.D., Diplom-Psychologe und -Politologe), Rüdiger Lüdeking (Botschafter a.D.), Hans-Jochen Luhmann (Senior Expert am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie), Wolfgang Richter (Oberst a.D. und Associate Fellow beim Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik, GCSP) und Jürgen Scheffran (em. Professor für Integrative Geographie der Universität Hamburg).

Der Band endet mit 21 Schlussfolgerungen, die (mit Stand März 2024) das Ergebnis eines intensiven Diskussionsprozesses im Rahmen des Autorenkreises darstellen.

Es folgt eine Zusammenfassung dieser Schlussfolgerungen. Über Kommentare dazu würde ich mich freuen.

21 Schlussfolgerungen der Autoren aus ihrem Buch „Europa und der Ukraine-Krieg“ (Stand März 2024) Weiterlesen

Trumps nominierter Vizepräsident

J.D. Vance ist für diejenigen, die Verhandlungen in der Ukraine wollen, eine gute Nachricht.

Ansonsten ist er der Inbegriff des rechten Antiglobalisten. Dazu Larry Johnson:

Meanwhile, back in Ukraine, President Zelensky caught a swift kick to the cojones (Spanish for testicles) with Trump’s announcement naming J.D. Vance as his Vice Presidential candidate. I think it is a great choice. Vance is one of the few, lone voices in the Senate to question the wisdom of continuing to pour U.S. taxpayer dollars down the Ukrainian rathole. Vance, who served as an enlisted Marine (achieving the rank of corporal) at least has the understanding of the implications of a President making decisions that can send young soldiers and Marines into combat. Zelensky must be in a panic. If Trump and Vance prevail, his days of grifting are over.

This choice also has the Bush Republican crowd howling in outrage, because it marks a clear departure from the neocon vision of fighting the world and a shift to a populous message that emphasizes improving the lives of Americans in the United States, rather than squandering billions in disastrous overseas military adventures.

Vance represents the kind of candidate that the unwashed, middle class in America have longed for. He was born and raised amid poverty in Appalachia and, through his own determination, attended college, graduated at the top of the Yale Law School and only entered politics in order to speak on behalf of the forgotten middle class. Best of all, he is, to use a Boston expression, wicked smart.

Dèjà-vu: Besuchen Sie Europa, solange es noch steht.

Stationierung amerikanischer Mittelstreckenrakenten in Deutschland.

Die Welt meldet: „Kiesewetter kritisiert Nato. Mittelstreckenraketen-Stationierung in Deutschland kommt viel zu spät.“
Die NATO habe beschlossen, konventionelle Mittelstreckenraketen wieder auf deutschem Boden zu stationieren. Roderich Kiesewetter, Mitglied im Auswärtigen Ausschusses, begrüße im Rahmen von Deutschlands Umstellung auf Kriegswirtschaft diese Maßnahme als richtige Antwort auf die russische Eskalation und habe betont, dass dies eine Übergangsmaßnahme sei bis Deutschland seine eigene Militärstrategie mit weitreichenden Präzisionswaffen umsetze.

Schon der Titel enthält eine Falschmeldung: Es handelt sich nicht um einen Nato-Beschluss, sondern um eine Vereinbarung zwischen Deutschland und den USA. Es sind die USA, die ab 2026 in Deutschland auf Russland gerichtete Raketen stationieren werden. Darunter sollen „Tomahawk“-Mittelstreckenraketen mit deutlich mehr als 2.000 Kilometern Reichweite, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und die sich noch in der Entwicklung befindlichen Überschallwaffen sein, zum Schutz der europäischen Verbündeten.

Déjà-vu. Vor 25 Jahren mobilisierte der Nato-Doppelbeschluss die größte Friedensbewegung Europas.

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