Frieden für die Ukraine?

Zunächst zum Volkstrauertag: Im Gedenken an alle Kriegsopfer „Dona Nobis Pacem

Und nun ein Artikel mit dem Aufruf an alle, am 25. November an der Friedensdemo in Berlin teilzunehmen.

„Es ist höchste Zeit für eine Friedenspolitik in der Ukraine, in Europa und weltweit,“ stellen sie fest. „Im Vorfeld des Krieges in der Ukraine wurden Warnungen ignoriert und Lehren zur Kriegsvermeidung missachtet. Wir müssen die Rutschbahn in Richtung dritter Weltkrieg und in ein soziales, ökonomisches und ökologisches Desaster stoppen.“

Aus meinem Artikel:

Die bittere Erkenntnis: Eine Verhandlungslösung für den Ukraine-Krieg scheiterte und scheitert nicht etwa an der Sache, sondern am Willen, insbesondere – im Gegensatz zur landläufigen Meinung – am politischen Willen der westlichen Seite. Und nicht nur das: Der Krieg hätte schon im Vorfeld verhindert werden können; denn Lösungsvorschläge für den Konflikt lagen schon lange zuvor auf dem Tisch.

Petro / Snider erinnern daran, dass es die ukrainische Führung war, die die Umsetzung des Minsk 2 Abkommens verhinderte, wie der ehemalige Präsident des Landes Petroschenko erst kürzlich im Interview bestätigte. Die westlichen Staaten duldeten diese Haltung, trotz dessen Verabschiedung im UN-Sicherheitsrat. Auch das räumten die Mit-Architekten des Abkommens Angela Merkel und Francois Hollande sowie NATO-Chef Stoltenberg vor kurzem ein.

Funke, Kujat und Schulenburg bekräftigten nun in einer kürzlich veröffentlichten Analyse, dass schon im Frühjahr 2022 die Chance auf einen Verhandlungsfrieden zum Greifen nahe war, eine Chance, die jedoch durch das Einschreiten westlicher Regierungen zunichte gemacht wurde.

Ficos Wahlsieg in der Slowakei

Ich habe dazu einen Teil von Alexander Mercouris‘ (sehr viel ausführlicheren Ausführungen dazu) übersetzt. Er sagt:

Ficos Wahlsieg in der Slowakei ist

ein Sieg für einen in der Europäischen Union sehr unbeliebten politischen Führer, der damit geworben hat, sein Land aus dem Krieg in der Ukraine herauszuholen. Er hat seit der Wahl wiederholt, dass seine Politik die gleiche bleibt wie die, mit der er in den Wahlkampf gezogen ist. Es werden keine weiteren Waffen aus der Slowakei in die Ukraine geliefert, und da die Slowakei eine eigene Rüstungsindustrie hat, ist das also nicht nur eine prinzipielle, sondern eine reale Position. Fico wird dafür sorgen, dass keine weiteren Waffen geliefert werden.

Zweitens hat er angekündigt, dass er sich rund um die Uhr dafür einsetzen wird, dass eine Art von Verhandlungen, eine Art von Frieden ausgehandelt wird.

Fico klingt also zunehmend wie der Staatschef des slowakischen Nachbarlandes Ungarn. Und es sieht tatsächlich so aus, als ob diese beiden Regierungschefs – der eine führt im Wesentlichen eine Partei, die sich selbst als links positioniert (Fico), und der andere eine Partei, die sich selbst als christlich rechts positioniert (Urban), als ob sie sich in dieser Frage und in der Tat in mehreren anderen darauf vorbereiten, gemeinsame Sache zu machen. Das bedeutet, dass Ungarn in seiner Opposition gegen die westliche Politik zur Unterstützung des Krieges und zur Unterstützung der Ukraine in Europa nicht mehr so isoliert ist wie zuvor.

Und das alles wird überschattet von den Wahlen in Polen. Es hat einen großen Bruch zwischen der Führung der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ und der ukrainischen Regierung gegeben, mit anderen Worten, zwischen der polnischen Regierung und der Regierung der Ukraine, und es scheint wahrscheinlich, dass „Recht und Gerechtigkeit“, um an der Macht zu bleiben, künftig eine Koalition mit einer anderen Partei eingehen muss, die erst vor kurzem in Polen entstanden ist, die sich aber viel offener gegen eine weitere Beteiligung Polens an diesem Konflikt in der Ukraine ausspricht.

Weiterlesen

Der Ukraine-Krieg: für die USA nur eine „glückliche Fundsache“?

Die Sache mit dem russischen Angriffskrieg ist und bleibt eine hochemotionale Sache; sie bleibt aber auch hoch relevant, wenn daraus imperialistische Angriffsmotive Russlands konstruiert werden, wie das viele Linke tun, vermutlich die meisten. Und sie gehen dann noch weiter und interpretieren die neue Weltlage als inter-imperialistischen Konflikt, wobei die Gleichung Kapitalmus = Expansionsdrang = Imperialismus angewendet wird. Demzufolge sind alle Imperialisten unterschiedlicher Couleur: Der kollektive Westen, ebenso wie Russland, China, Indien oder sonst wer.  Mit Lenins Imperialismustheorie hat das nichts zu tun. Darauf soll aber hier nicht weiter eingegangen werden. Zurück zum Ukraine-Konflikt:

Ingar Solty schreibt z.B., es sei eine Verschwörungstheorie anzunehmen, die Russen seien zum Angriff provoziert worden (ISW Report Nr. 133/134: Die neue Blockkonfrontation, S. 9). Vielmehr sei der Ukraine-Krieg für die USA eine „glückliche Fundsache“ gewesen. Denn sie seien nun die Hauptprofiteure des Krieges. Letzteres stimmt natürlich. Aber ist die Sache mit der Provokation wirklich nur eine Behauptung des „verschwörungstheoretischen Rands“ (Solty)?

Kann man diesen Streit nicht einfach zurückstellen und sich auf die Notwendigkeit eines sofortigen Friedens einigen? Man sollte es sicherlich. Denn angesichts des Kriegshorrors ist notwendig, alle Vorbehalte zurückzustellen und Verhandlungslösungen zu finden.

Kann man aber in der wissenschaftlichen Diskussion darauf verzichten, empirische Befunde zu würdigen? Nein. Und da gibt es nun weitere Hinweise. (Neben dem, was Nato-Chef Stoltenberg selbst sagte.)

Weiterlesen

Wir werden einen totalen wirtschaftlichen und finanziellen Krieg gegen Russland führen

Ein Kommentar von English Outsider by Moonofalabama, übersetzt von mir mithilfe von DeepL

Was hat die Regierungen des Westens dazu bewogen, sich auf dieses Unternehmen Ukraine einzulassen? Warum haben wir die „Shock and Awe“-Wirtschafts- und Finanzsanktionen, wie sie seinerzeit genannt wurden, eingesetzt?

Ich glaube, das war die Begründung für den Sanktionskrieg (maschinelle Übersetzung):

„Ich will Ihnen ganz klar sagen, Marc FAUVELLE, dass Russland die Leidtragenden sein werden, nicht Europa. Europa wird vielleicht tatsächlich ein wenig mehr Inflation haben, weil vielleicht die Gaspreise ein wenig steigen werden, aber es ist Russland, das leiden wird, es ist die russische Wirtschaft, die leiden wird. Und es ist das russische Finanzsystem, das vor unseren Augen zusammenbrechen wird. Die einzige Konsequenz, die Europa in den nächsten Wochen haben kann, ist ein kleiner Preisanstieg, der von der Erhöhung der Energiepreise abhängt.“

(Interview mit Bruno Le Maire, Minister für Wirtschaft, Finanzen und Konjunktur, mit France Info am 1. März 2022, über die Wirtschaftssanktionen gegen Russland nach dem Angriff auf die Ukraine und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Frankreich)

Aus derselben Quelle:

„Ja, die Sanktionen sind wirksam. Die wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen sind sogar äußerst wirksam. Und ich möchte keine Zweifel an der Entschlossenheit Europas in dieser Frage aufkommen lassen. Wir werden einen totalen wirtschaftlichen und finanziellen Krieg gegen Russland führen…“

Weiterlesen

Stoltenberg: Die Erweiterung der NATO ist einer der Hauptgründe für den Ukraine-Krieg

Die tatsächliche Abfolge der Ereignisse im Jahr 2021, über die die Medien zeitnah berichteten, wurde letzte Woche vom NATO-Generalsekretär wie folgt zusammengefasst:

Dann zum Schluss zu Schweden. Zunächst einmal ist es historisch bedeutsam, dass Finnland jetzt Mitglied des Bündnisses ist. Und wir müssen uns an den Hintergrund erinnern. Der Hintergrund war, dass Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte, dass es keine weitere NATO-Erweiterung geben wird, und er hat sogar einen Vertragsentwurf geschickt, den die NATO unterzeichnen sollte. Das war es, was er uns geschickt hat. Und das war eine Vorbedingung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Natürlich haben wir das nicht unterschrieben.

Weiterlesen

Das Ende des Krieges und das Ende des US-Exzeptionalismus

Gefunden bei Naked Capitalism: End of the War, End of US Exceptionalism

Unter dieser Überschrift wurde mit einer Einleitung von Yves Smith John Helmers Besprechung des Buches „Overreach“ von Owen Matthews veröffentlicht, in der er dieses nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt.

Durchzogen werden Einleitung, Artikel und die anschließenden Kommentare mal wieder von der beunruhigenden Frage, wie anhaltendes dysfunktionales Verhalten unserer Eliten und die weitverbreitete Zustimmung, die sie nach wie vor dafür erhalten, zu erklären sind. Jeder kennt die Situationen, in denen uns vertraute Menschen bei einem Thema, bei dem sich Beweise angehäuft haben, die ihrem Glauben widersprechen, völlig aus der Spur geraten, sich weigern, sich mit diesen Beweisen auseinanderzusetzen, sie einfach nicht akzeptieren können und stattdessen um sich schlagen.

Unter anderen fand ich dazu einen Kommentar von Aurelien (mal wieder), den ich übersetzt habe

Ich bin schon seit langem der Meinung und habe in einigen meiner Beiträge die Auffassung vertreten, dass die wirklichen Probleme hier eher psychologischer (und gruppenpsychologischer) als politischer Natur sind. Es gibt Dinge, die wir sowohl auf persönlicher als auch auf institutioneller Ebene einfach nicht glauben können, weil sie außerhalb unseres Bezugsrahmens liegen und deren Konsequenzen, wenn sie wahr wären, zu beängstigend sind.

Noch wichtiger ist, dass, wenn wir Mitglieder von Gruppen sind, die alle dasselbe glauben, und wir uns ständig gegenseitig in unseren Ansichten bestärken, und die weitere Zugehörigkeit zu dieser Gruppe mit Vernunft und dem Wert der in die bisherige Politik investieren versunkenen psychologischen Kosten assoziiert wird.

Wie ich bereits dargelegt habe, denke ich, dass wir eine Art fortschreitenden Nervenzusammenbruch der PMC-Eliten erleben werden, zusammen mit einer Verzögerungsaktion, die darauf hinausläuft, dass (1) wir das nie gesagt haben, (2) OK, wir haben das gesagt, aber es wurde falsch interpretiert, (3) OK, wir haben das gesagt, aber wenn man genau liest, was wir gesagt haben, wurde das schlimmste vorstellbare Ergebnis vermieden, und deshalb haben wir gewonnen und hatten die ganze Zeit recht.

Inwieweit diese Strategie der brutalen Realität der Ereignisse standhalten wird, ist fraglich, denn jedes  heute absehbare Ergebnis des Krieges wird die teleologische Vorstellung torpedieren, dass die Ausbreitung des Liberalismus immer weiter gen Osten unaufhaltsam ist, und ich weiß nicht, ob die Eliten (insbesondere die europäischen, deren Hauptgrund für die Führung des Krieges diese Vorstellung ist) ein solches Ergebnis tatsächlich überleben können.

 

US-amerikanische Strategiedebatten

In seinem täglichen Briefing vom 22.8.2023 spricht Alexander Mercouris das „Big Power Game“ des US-Imperiums an und wie die entsprechenden Strategien in den USA diskutiert werden.

Die drei großen Zeitschriften, in denen diese debattiert werden, sind: Foreign Policy, Foreign Affairs und National Interest.

Grundsätzlich sei man sich bei den Eliten einig, dass China die große Gefahr für die amerikanischen Interessen darstelle. Aber wie soll man inzwischen mit Russland umgehen?

2021 forderte das Strategiepapier des Atlantic CouncilToward A New American China Strategy“ Zugeständnisse an Russland.

„ Allowing Russia to drift fully into China’s strategic embrace over the last decade will go down as the single greatest geostrategic error of successive US administrations,“ schreiben die Autoren.

Dem wurde z.B. in dem am 14.3.2022 in National Interest erschienenen Artikel von Wess Mitchell „To Prevent China from Grabbing Taiwan, Stop Russia in Ukrainevehement widersprochen (der Originalartikel sei inzwischen mehrfach redigiert und entschärft worden, sagt Mercouris).

„The whole point should be to keep U.S. power applied as surgically as possible to the weaker of the two rivals, with a view to decisively draining it and being able at a later date to face China with greater strength as a result.“

Heute schienen mehr und mehr Strategen zu der Einsicht zu kommen, dass letztere Strategie dabei sei zu scheitern. Weiterlesen

Welche Umstände führten zum russischen Einmarsch in die Ukraine? Update 18.6.2023

Es passiert öfter, dass bei Moonofalabama hochinteressante Diskussionen stattfinden, es aber sehr mühsam ist, sie durch die Kommentarspalte zu  verfolgen. So auch diesmal.

Dankenswerterweise hat ein Kommentator die Kommentare  zu einer Datei zusammengefasst. Ich denke, so ist eine gute Stoff- und Linksammlung entstanden.

Moonofalabama – Enquiry into Origins and Early Days of SMO (June 2023)

Posted by: Sushi | Jun 1 2023 18:51 utc | 279
„What I now propose is to draft a series on the Past of the SMO, at least the first week, and then post it on MoA, obtain the benefit of the raucous intelligence that inhabits the bar and see if it is possible for us to thrash out a rough history. History is open to alternate interpretations and it should be possible to state alternate interpretations/explanations and the evidence to support each such alternate interpretation.“

Sushi, I was directed to your comment by English Outsider over on AM’s site. As you’ll see from my conversation with him, I think your proposed series on the „Past of the SMO“ is an excellent idea. As a small contribution I’ve gathered what are hopefully all the relevant posts in the threads pointed to by EO into a Word doc. If it’s of any interest, you can find it at this link. Look forward to seeing what comes out of the project. Posted by: Ingolf Eide | Jun 4 2023 5:08 utc | 291

Update:

English Outsider hat nun seine Version, wie ich finde, sehr überzeugende Einschätzung zusammengefasst:

I believe that the Russians were coping adequately with that Western pressure and would have continued to do so, but that they were forced against their will to military action by the immediate and urgent threat to the Donbass. This was, therefore, no „unprovoked“ war. It was provoked by the West …

Hier der vollständige Kommentar:

Weiterlesen

Viktor Urban zum Ukraine Krieg

Question: The last couple of seconds you made a great deal about 1956 and fighting for Freedom. You have a neighbor who is invaded by Russia, the very country you know you grew up, with pictures of tanks going into Budapest. Why are you opposing the European Aid?

Urban: No, no it‘s emotionally, it’s tragic, so all of our heart is with the ukrainians, we understand how much they suffer. But I‘m speaking here as a politician who should save lives. So the most important thing for the international political communities is to save lives, especially when you are convinced, as I do, that there is no chance to win this war. So therefore what we should do far more energy invest into to convince everybody that the only solution is ceasefire and then after the ceasefire peace talks to start and then we could go back to your point.

Question: Yeah, but do you really think there is no chance of Ukraine winning, that‘s surely the main thing, surely they stand very little chance of winning without the aid which you are currently blocking.

Urban: No, no. My position is that looking at the reality, looking at the figures, looking at the surroundings, looking at the fact that NATO is not ready to send troops, it‘s obvious that there is no victory for uh poor Ukrainians on the battlefield, it is obvious that there is no chance of victory for Ukrainians on the battlefield.

Quelle: IS RUSSIA PRE-EMPTING THE UKRAINIAN OFFENSIVE? Larry Johnson fmr CIA (ab 21:07)

Das ganze Interview ist sehenswert und extrem scary. Larry Johnson hält es nicht für ausgeschlossen, dass die schon in Europa stationierten Truppen den Einsatzbefehl bekommen könnten, in den Krieg einzugreifen.