
Die Nachdenkseiten und Corona
Heute (6.6.21) bringen die Nachdenkseiten einen langen Artikel von „ihrem Leser“ Norbert Krause: Wie kam es zur Corona-Krise?. Er verzichtet im Unterschied zu vielen anderen Beiträgen bei den Nachdenkseiten auf Polemik, gibt aber die „zentristische“ Position von Jens Berger, Albrecht Müller und anderen ganz gut wieder. Er geht weder frontal gegen die Wissenschaft vor noch leugnet er grundsätzlich die Wirksamkeit von Maßnahmen. Aber dennoch liefert er scheinbar die argumentativen Grundlagen für die Harmlosigkeit der Krankheit (im Verhältnis zur angeblichen Pankikmache) und die Übertriebenheit der Maßnahmen, die es den Nachdenkseiten ermöglichen, bei den „Querdenkern“ anzudocken.
Ich finde, es würde sich lohnen, anhand dieses Artikels einmal möglichst präzise die Fehler und Mängel diese Analyse herauszuarbeiten und möglichst kurz und prägnant zu formulieren. Da ich mich nicht imstande sehe, dies in einem Rutsch zu tun, schlage ich vor, in den Kommentaren nach und nach die Punkte zusammenzutragen, die Formulierungen inkrementell zu verbessern und evt. in einen zusammenhängen Text zu überführen.
Ich beginne damit, einige Punkte aufzuzählen, die meines Erachtens behandelt werden müssten.
- Krause und auch die Nachdenkseiten generell haben an keiner Stelle eine eigene kohärente Strategie für den Umgang mit der Seuche formuliert.
- Es fehlt jede Auseinandersetzung mit Tomas Pueyo.
- Es wird immer wieder angedeutet, dass die Schweden es besser gemacht hätten.
- Der Blickwinkel ist provinziell. Es gibt keine weltweite Betrachtung, keine tiefen Vergleiche.
- China wird völlig außen vor gelassen und als „autoritär“ abgestempelt. Der chinesische Erfolg (auf vielen Dimensionen!) wird ignoriert. China demonstriert sowohl die massive ungehinderte Explosion der Seuche in Wuhan (im Unterschied zu Manaus wissenschaftlich gut dokumentiert), als auch die gnadenlos erfolgreiche Eindämmung in der Folge.
- Für die Einschätzung der Pandemie ist die weltweite Übersterblichkeit essentiell, im Verhältnis zu den jeweils getroffenen Maßnahmen.
- Die kalte unerbittliche Relevanz der epidemiologischen Modelle wird systematisch verkannt.
- Die Kernpunkte einer linken Gesundheitspolitik fehlen.
- Der gnadenlos kollektive Charakter der Pandemie, wo nur kollektives (weltweites) Handeln erfolgreich sein kann, wird verkannt. Siehe zum Beispiel das dümmliche Argument, dass man Kinder und Jugendliche gar nicht groß einschränken müsste, weil der Virus für diese ohnehin harmlos wäre.
Russland und der Klimaschutz
Ausschnitt aus Putins Rede auf dem 24. Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg am 4. Juni 2021:
Wie ich bereits gesagt habe, muss die internationale Zusammenarbeit bei der Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Pandemie eine entscheidende Rolle spielen. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kräfte bündeln angesichts gemeinsamer, systemischer, langfristiger Herausforderungen, die nicht von der Marktlage oder politischen Auseinandersetzungen und Konstellationen abhängen, sondern die Zukunft ganzer Gesellschaften entscheidend bestimmen.
Wovon spreche ich jetzt? Worauf beziehe ich mich? In erster Linie geht es um den Klimaschutz. Wissenschaftler schätzen, dass sich durch menschliches Wirtschaften über 2 Billionen Tonnen an Treibhausgasen in der Erdatmosphäre angesammelt haben. Jedes Jahr steigt die Menge um 50 Milliarden Tonnen, wodurch sich der Planet allmählich aufheizt.
Ich höre oft, dass Russland nicht so sehr an der Lösung der globalen Umweltprobleme interessiert ist. Ich kann sagen, dass dies Unsinn, ein Mythos und manchmal sogar eine völlige Verzerrung ist.
Dass in Israel Apartheid herrscht, hört man gar nicht gerne
Vor zwei Wochen erschien im Tagesspiegel ein Artikel, in dem Aktivisten von Fridays for Future wegen ihrer Parteinahme für die Palästinenser kritisiert wurden, die zum Teil auch die Unterstützung der BDS-Bewegung beinhaltete. Im Artikel kommt fünf Mal das Wort „antisemitisch“ bzw. „Antisemitismus“ vor, ohne der deutschen FFF-Sektion direkt Antisemitismus vorzuwerfen. Das Wort „Apartheid“ kommt natürlich nicht vor.
Ich habe folgenden Kommentar abgegeben, der aber nicht freigeschaltet wurde:
Der Tagesspiegel hat es bisher nicht einmal geschafft zu erwähnen, dass Human Rights Watch die israelischen Zustände als Apartheid charakterisiert hat. Vermutlich werden das viele Kommentatoren in diesem Zusammenhang aufgegriffen haben; in den Kommentaren ist aber das Wort „Apartheid“ kein einziges Mal zu finden. Vermutlich will man nicht, dass die Leser es auf diesem Weg erfahren. Ich nehme also an, dass auch dieser mein Kommentar nicht freigeschaltet wird, würde mich aber freuen, wenn doch. Jeder informierte Mensch weiß es ohnehin, die Aktivisten von Fridays for Future mit Sicherheit. Um so peinlicher für den Tagesspiegel.
Wir sind die Guten
„Corona-Kritiker sind gefährlich und unsozial, und man muss dagegen deutliche Zeichen setzen. Wissenschaftsleugnung, esoterische und antisemitische Verschwörungstheorien, Holocaustverharmlosung, Offenheit nach rechts, Einschränkungen der Pressefreiheit – wehret den Anfängen sonst ist das 4. Reich nicht mehr fern!“
„Corona-Maßnahmen-Befürworter sind gefährlich und unsozial, und man muss dagegen deutliche Zeichen setzen. Hinter der beispiellosen, unverhältnismäßigen Einschränkung unserer Bürgerrechte im Zuge der Corona-Maßnahmen steht ein Plan der herrschenden Eliten – wehret den Anfängen, der dauerhafte Entzug unserer Freiheitsrechte – ein neue Faschismusvariante – steht bevor!“ Weiterlesen
Alles Antisemiten?
Kaum flackert der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis wieder auf, tönt es aus allen Kanälen, wie sehr der Antisemitismus in Deutschland und weltweit wieder bedrohlich zunähme, und dass auch in Deutschland Juden um ihr Leben fürchten müssten. Wir Deutschen dürfen uns aus dem Konflikt nicht heraushalten. Ein klares Bekenntnis gegen Antisemitismus und für das Recht Israels auf Selbstverteidigung sei das Gebot der Stunde. Weiterlesen
Und schon bist Du Antisemit – Gespräche mit Gilad
Eigentlich waren mir jüdische Angelegenheiten hierzulande ziemlich gleichgültig, auch ob jemand, mit dem ich zu tun habe, Jude ist oder nicht. Ich bin selbst dann nicht auf die Idee gekommen, wenn so ein Gedanke nahegelegen hätte, wie mir erst kürzlich bewusst wurde; ironischerweise nachdem man mich indirekt des Antisemitismus beschuldigt hatte. In meiner Wahrnehmung war der Antisemitismus in Deutschland weitgehend überwunden, auch wenn er da und dort noch aufflackerte. Weiterlesen
Klaus Dörre zur sozial-ökologischen Transformation
Klaus Dörre befasst sich in seinem Aufsatz ‚Kapitalismus, Natur und die Utopie eines nachhaltigen Sozialismus‘, erschienen in Sozialismus 5-2021, mit einer linken Strategie angesichts der aktuellen ökonomisch-ökologischen Zangenkrise.
Dass wir uns mit unserer Art des Wirtschaftens, der kapitalistischen Landnahme aller Bereiche des Lebens und der Natur, unsere Existenzgrundlagen vernichten, ist allgemein bekannt, und wird unter den Eliten ausführlichst diskutiert (siehe Klaus Schwabs neues Buch: Der große Umbruch – The great reset). Gefordert werden die Vollendung der technologischen Revolution und eine aktivere Rolle des Staates in diesem Zusammenhang; grundsätzlich setzt man jedoch weiterhin auf marktwirtschaftliche Lösungen. Weiterlesen
China und Russland starten eine ‚globale Widerstandsökonomie‘
von Alastair Crook, 5. April 2021, iübersetzt von Ulrike Simon
Beginn der Übersetzung:
Sun Tzu’s ‚Die Kunst des Krieges‘ (ca. 500 v. Chr.) rät:
„Uns gegen eine Niederlage zu sichern, liegt in unserer eigenen Hand; doch die Möglichkeit, den Feind zu besiegen, bietet der Feind selbst … Deshalb setzt der kluge Kämpfer seinen Willen durch und lässt sich nicht den Willen des Feindes aufzwingen“.
Dies ist die Essenz der chinesischen Widerstandsökonomie – eine Strategie, die im Gefolge der Anchorage-Gespräche vollständig enthüllt wurde;
Dmitry Babich über Ultraliberalismus
Auf Einladung des Center for Citizen Initiatives (CCI) sprach Dmitry Babich im Jahr 2018 vor amerikanischen Zuhörern über das Verhältnis zwischen Russland bzw. den osteuropäischen Staaten und dem Westen.
Seiner Auffassung nach kam es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu einem kulturellen Clash, bei dem es den Osteuropäern v.a. um gute wirtschaftliche Beziehungen mit dem Westen ging, während der Westen – vorwiegend ideologie-getrieben – die vollständige Unterwerfung Osteuropas und Russlands unter sein Ordnungs- und Werte-System erwartete. Dies belegt er an vielen Beispielen. Weiterlesen