Für alle, denen vielleicht das Transkript etwas zu lang ist, hier meine Zusammenfassung der Debatte Piketty-Hudson, die am 23-10-2021 bei Makroskop erschienen ist. In der Beschreibung sind sich die beiden einig, nicht unbedingt aber darüber wie das zu erklären und was zu tun ist.
Steve Donziger und Julian Assange: updates
29.10.2021: Das Assange-Urteil wird im Januar erwartet.
Um es mit Brecht zu sagen: „… gingen wir doch durch die Kriege der Klassen […], verzweifelt, wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.“
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Heute und morgen findet in London die Berufungsverhandlung im Falle Julian Assange statt. Gegen die Entscheidung in 1. Instanz im Januar dieses Jahres, Assange nicht auszuliefern, legte die US-Regierung Berufung ein, Assange ist weiterhin im Gefängnis. Er folgt der Verhandlung per Video vom Gefängnis aus, weil sein Antrag, persönlich an der Verhandlung teilnehmen zu dürfen, abgelehnt wurde.
Aktuelle Live-Infos zu Assanges Verhandlung siehe hier und hier (thread runterscrollen) und hier.
Die Argumente der Verteidigung sind hier nachzulesen.
Gestern entschied das Berufungsgericht gegen Steve Donzigers Antrag, bis zur endgültigen Berufungsentscheidung unter Hausarrest bleiben zu dürfen, und nicht ins Gefängnis zu müssen. Er muss heute ‚einrücken‘.
The #FreeDonziger team is happy to report that Steven was admitted today to the federal prison in Danbury (CT) after a decision by the Bureau of Prisons.
Today is Day One of the countdown to release. House arrest is over and the ankle bracelet has been removed. Onward. pic.twitter.com/D1xWgBeZxN
— Steven Donziger (@SDonziger) October 27, 2021
Weiter Informationen zu Donziger hier. Auch Katie Halper hält uns nicht nur diesbezüglich gut auf dem Laufenden. Weiterlesen
MMT und die Revolution
Im Oxiblog erschien ein MMT-kritischer Artikel, der der MMT die Obsession mit dem Zentralbankwesen vorwirft, während sie die Klassenfrage ignoriere.
Es gehört schon viel Chuzpe dazu, eine Theorie zu kritisieren, ohne wesentliche Literatur dazu zur Kenntnis zu nehmen. (Die gibt es nur auf Englisch? Und vor lauter Nebel sehe ich auch gerade die Sonne nicht.) Und was kann wesentlicher als das MMT-Lehrbuch sein? Dort entwickeln die Autoren eine Inflationstheorie, deren Bestandteil die Klassenkämpfe sind (Vergl. MMT and Power von Bill Mitchell). Ihren Ansatz definieren sie dort so:
„Heterodoxe Wirtschaftstheorien befassen sich mit der sozialen Schöpfung und sozialen Verteilung der Ressourcen einer Gesellschaft.“
Und weiter: das Buch von Mitchell und Fazi ‚Reclaiming the State‘ handelt vom Zusammenbruch der Wohlfahrtsstaaten in den 70ern, dem Aufstieg des Neoliberalismus und der unrühmlichen Rolle, die Linke dabei teilweise gespielt haben. Im zweiten Teil des Buches entwickeln sie eine Alternative, nämlich die, den Staat zurückzufordern. Überraschung! Der zentrale Akteur in diesem Szenario ist nicht die Zentralbank. Weiterlesen
Steven Donziger: Wenn ein Ölmulti die Justiz übernimmt
Der kafkaeske Fall Donziger
Gerade hatte die UN-Arbeitsgruppe zu willkührlichen Inhaftierungen (UN working group on arbitrary detention) die US-Regierung dazu aufgefordert, entsprechend der von ihr ratifizierten Menschenrechtskonventionen seine sofortige Freilassung und Entschädigung für das ihm zugefügte Unrecht zu veranlassen, da verurteilte Richterin Loretta Preska, relativ unbeachtet von der Weltöffentlichkeit, den Menschenrechtsanwalt Steven Donziger nach über zwei Jahren Hausarrest wegen krimineller Missachtung des Gerichts zur Höchststrafe von sechs Monaten Gefängnis. Die Zeit des Hausarrestes wird nicht angerechnet. Man müsse Donziger mit der sprichwörtlichen Dachlatte zwischen den Augen Respekt vor dem Gesetz einbläuen, sagte die Richterin in ihrer Urteilsverkündung. Weiterlesen
Wenn man seinen Kuchen gleichzeitig behalten und essen möchte (rant)
- Man möchte keine fossilen Energieträger mehr nutzen, hat aber keinen funktionierenden Transformationsplan.
- Die Amerikaner liefern weniger Gas, beschuldigt wird aber Putin.
- Man will keinen Nord Stream 2, braucht aber wegen der Energieknappheit Erdgas.
Nach der Wahl – Gibt es eine Chance für das Klima?
Am 1. September 2021 war Klima das aus Sicht von 40 % der Deutschen wichtigste Thema, kein anderes wurde bei einer Umfrage häufiger genannt.
Diese stand sicher unter dem Einfluss der Flutkatastrophe 2021, bei der allein in Deutschland mindestens 183 Menschen starben und Schäden von ca. 20 Mrd. US-Dollar entstanden; es war das teuerste Flutereignis in der Geschichte Europas.
Zeitgleich wurde der 1. Teil des neuesten Berichts des Weltklimarats (IPCC-Bericht) veröffentlicht. Während bisher ein eindeutiger Zusammenhang zwischen extremen Wetterereignissen und menschengemachtem Klimawandel wissenschaftlich nicht eindeutig hergestellt werden konnte, flossen in diesen Bericht die Ergebnisse der sog. „Attributionsforschung“ mit ein. „Demnach kann man zwar nach wie vor nicht ein einzelnes (Extrem-)Wetterereignis direkt aus dem Klimawandel ableiten, aber die Veränderung der Häufigkeit und auch der Intensität für bestimmte Ereignisse kann durchaus ermittelt werden.
Marx, das Geld und MMT
Behauptung: Dass ein Staat ständig mehr Geld ausgibt als er durch Steuern einnimmt, kann auf die Dauer nur ins Desaster führen, und belastet künftige Generationen.Außerdem ist es illusionär zu glauben, man könne damit den Konsum anheizen und wirklich etwas verbessern. Früher oder später werden die Erfolge durch Inflation oder Investitionsverzicht der Unternehmer wieder zunichte gemacht. Der Staat muss sich das Geld, das er braucht, durch Steuern von den Reichen holen, also durch Umverteilung des schon vorhandenen Gelds.
Marx Ausführungen scheinen diese These zu bestätigen.
Duncan Foleys schreibt in seiner Einleitung zu Suzanne De Brunhoffs 1967 erschienenem Buch – La Monnaie chez Marx -, das später (1976) auf Englisch veröffentlicht wurde:
„Das erste, was einem Studenten des Geldes auffällt, ist, dass in einer Geldwirtschaft die Bewegungen von Geld und Waren miteinander verflochten sind. Auf der Ebene der einzelnen Transaktion bewegt sich ein Zahlungsmittel in eine Richtung und eine Ware in die entgegengesetzte Richtung. Es stellt sich die theoretische Frage, welcher Faktor der entscheidende ist. Bestimmt die Bewegung des Geldes die Bewegung der Waren oder bestimmt die Bewegung der Waren die Bewegung des Geldes?“
Seines Erachtens meint Marx, dass die Bewegung der Waren weitgehend außerhalb der monetären Sphäre bestimmt werden, und dass es die Warenbewegungen sind, die in der Regel die Bewegungen des Geldes bestimmen. Weiterlesen
Die große Schuldendebatte – ein Gespräch zwischen Michael Hudson und Thomas Piketty
Die Debatte wurde anlässlich des 1. Todestages von David Graeber organisiert, als erster Kampf im Fight Club im Rahmen des Museums of Care, einem Projekt, das von ihm und seiner Frau Nika Dubrovsky auf die Beine gestellt wurde. Sie wurde hier und bei der RSA (royal society for arts, manufactures and commerce) veröffentlicht, von Lynn Parramore moderiert und von David Graeber’s Witwe Nika eingeleitet. Bei The Vinyard of the Saker sind Debatte und das hier übersetzte und mit Nikas Erlaubnis veröffentlichte Transkript ebenfalls zu finden.
Viel Spass beim Lesen! Es lohnt sich, trotz der relativen Länge des Texts. Weiterlesen
Überwindung des Kapitalismus ohne Überwindung des Globalismus?
Ausschnitt aus Thomas Fazi: Overcoming capitalism without overcoming globalism – Eine ausführliche Besprechung von Thomas Pikettys 2020 erschienenem Buch ‚Capital and Ideology‘
Beginn der Übersetzung:
Piketty möchte, dass die Linke „über den Nationalstaat hinausgeht“ – dass sie ihr Umverteilungsprogramm auf internationaler oder supranationaler Ebene ausweitet, da die Nationalstaaten seiner Meinung nach nicht in der Lage sind, die Wirtschaft in diesem neuen globalen Wettbewerb zu regulieren. Piketty wiederholt dieselbe Kritik, die Hannah Arendt Anfang der 1950er Jahre an den sozialdemokratischen Parteien übte, als sie argumentierte, dass die Regulierung der ungezügelten Kräfte der Weltwirtschaft nur durch die Entwicklung neuer transnationaler politischer Formen erfolgen könne.
Die Geschichte hat Arendt jedoch widerlegt. Weiterlesen
Linkes Ökonomie- und Staatsverständnis?
Jetzt gibt es viele Diskussionen über die Verluste der Linken. Das sagt Paul Steinhardt:
Dass nun noch nicht einmal rechnerisch eine rot-rot-grüne Regierung möglich ist, hat sich die Linke allerdings selbst zuzuschreiben. Ihre sozialdemokratische ordnungspolitische Position verträgt sich einfach nicht mit ihrer libertären staatspolitischen Ideologie. Die Linke war daher sicherlich keine Option und ob ihr Wahldebakel sie zu einer Umkehr bewegt, die sie in Zukunft wieder wählbar macht, darf bezweifelt werden.