Marx, MMT und linke Strategie

Ab heute erscheinen auf Makroskop in loser Folge Artikel von mir zum Thema der Überschrift (So ist jedenfalls der Plan, zwei Artikel sind fertig, weitere von den Umrissen her angedacht). Jeweils eine Woche nach Veröffentlichung sind sie dann hier zu lesen.

Die Idee zu meiner Artikelreihe entstand beim Lesen und Übersetzen zweier Blogbeiträge von William Mitchell mit den Titeln „(Modern) Marx and MMT part 1 and part 2“. Und nach seinem Blogtext „Marx‘ Traum rechtfertigt es nicht, das alltägliche menschliche Leid zu ignorieren“ (hier meine Übersetzung).

Für Makroskopen selbstverständlich ist, dass erfolgreiche politische Praxis und Strategie im Interesse der Bevölkerungsmehrheit (und auch eine gegen die Erderhitzung) eine tragfähige ökonomische Theorie als Grundlage braucht, und diese verständlich kommuniziert werden muss.

Auch wenn die Machtverhältnisse es verhindern, dass Sinnvolles tatsächlich getan wird, und Vieles genau in die umgekehrte Richtung läuft, so ist doch keine Macht unumstößlich, wie uns die Geschichte lehrt. Und ich frage mich, ob nur übergroße Verzweiflung die Menschen dazu bringt, sich gegen die Macht zu wehren, mit anschließenden chaotischen Zuständen. Können nicht auch eine Vorstellung dessen, was möglich ist und eine Vision von dem, was sein könnte, die Lähmung der Alternativlosigkeit überwinden und an der Macht knabbern?

Ich würde lieber sagen können: „Das und das ist konkret so oder so machbar, aber die Interessen 1,2,3 verhindern das. Lasst uns die Spielräume des Machbaren erkunden.“ als: „Was machbar und wünschenswert wäre, weiß ich nicht so genau, aber die Interessengruppen 1,2,3 müssen erst einmal weg.“

Dazu müssen interessierte Laien (denn trotz Politikstudiums und langer Lehrtätigkeit würde ich mich weder als Marx-Expertin noch als ausgewiesene Wirtschaftswissenschaftlerin bezeichnen) sich aber erst einmal selbst durch die Materie quälen.

Brechts Herr K. hat, wie ich finde, recht, wenn er meint, es sei im Interesse der Propaganda vielleicht nützlich, statt fertiger Antworten eine Liste von Fragen vorzulegen. Und in einer anderen Geschichte sagt er, er habe viel Mühe, denn er bereite seinen nächsten Irrtum vor. So ähnlich geht es mir gerade.

Mein ständiger Wegbegleiter bei dieser Fragereise ist das im Jahr 2019 erschienene Lehrbuch Macroeconomics der MMT-Ökonomen William Mitchell, Randall Wray und Martin Watts. Sie umreißen dort, in Auseinandersetzung mit orthodoxen, neo-klassischen Vorstellungen, die Grundlagen einer heterodoxen Volkswirtschaftslehre, die auf die Erkenntnisse von Marx, Keynes, Verblen u.a. aufbaut. Darin eingearbeitet findet sich ihr eigener theoretischer Beitrag, die Modern Monetary Theory, die den Anspruch erhebt, die Funktionsweise moderner Finanzsysteme mit Fiat-Währungen empirisch überprüfbar zu beschreiben und zu erklären.

Im Gegensatz zu Marx entwickeln die Lehrbuchautoren aber keine Theorie der Überwindung des gegenwärtigen kapitalistischen Systems. Aus ihrer Sicht ist die Volkswirtschaftslehre weder links noch rechts sondern erklärt die Funktionsweise eines Systems. Wie diese Erkenntnisse politisch verwertet werden, ist eine Frage des jeweiligen Wertesystems der Akteure. Dass Marx’ Erkenntnisse im Westen nie zum Mainstream wurden, und Keynes’ Vorstellungen, die die Basis für die Wirtschaftspolitik der westlichen Wohlfahrtsstaaten bildeten, heute nicht mehr als allgemein richtig anerkannt werden, beweist nach Meinung der Autoren nicht, dass sie mit ihrer Analyse des kapitalistischen Systems vollkommen falsch lagen und die Neoklassik richtig. Es ist vielmehr die Folge der politischen Interessen, die sich durchgesetzt haben.

In meiner Reihe beleuchte ich Aspekte eines möglichen linken ökonomischen Konzepts, welches die Erkenntnisse der MMT und derjenigen Ökonomen ‚auf deren Schultern sie steht‘ berücksichtigt.

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