Glenn Diesen: Die Exzesse des Liberalismus eindämmen

So ganz weiß ich auch noch nicht, was ich von dem folgenden Glenn-Diesen-Artikel halte, den ich übersetzt habe. Er wurde noch vor dem Ukraine-Krieg veröffentlicht. Mit dem Thema Konservatismus muss man sich als Linke/r auseinandersetzen, aber was wäre dazu eine linke Position? Wie dem auch sei, was er zum Liberalismus als Waffe in der Außenpolitik sagt, ist m.E. spot on.

Beginn der Übersetzung:

Die Exzesse des Liberalismus eindämmen

In dem Maße, wie die relative Macht des Westens stetig abnimmt, schwindet auch die innen- und außenpolitische Bedeutung des Liberalismus. Nach dem Kalten Krieg wurde die These vom „Ende der Geschichte“ weitgehend akzeptiert und mit der Annahme verbunden, die gesamte Welt würde sich nun unter liberalen Grundsätzen vereinigen, die unter der wohlwollenden Führung der USA überall durchgesetzt würden. Heute, da sich die internationale Machtverteilung stetig verschiebt, brächten westliche Staaten zunehmend ihre Besorgnis über den Niedergang der so genannten „liberalen internationalen Ordnung“ zum Ausdruck, schreibt Glenn Diesen, Professor an der Universität von Südostnorwegen mit Forschungsschwerpunkt „Politische Ökonomie Groß-Eurasiens.“ Weiterlesen

Offensiver Liberalismus

Es scheint einen großen gesellschaftlichen Konsens im Westen zu geben, dass es wieder einen zu bekämpfenden Feind im Osten gibt. Wie wir uns ideologisch dort hin bewegt haben, habe ich versucht aufzuschreiben. Parallel dazu muss natürlich die neoliberale ökonomische Offensive betrachtet werden. Erst zusammengenommen ergibt sich ein vollständiges Bild.

Es ist ein langer Artikel, über den ich meine Gedanken sortiert habe. Vielleicht gibt es jemanden, der sich dafür interessiert. Es ist heute schwierig, an den Sinn kritischen Denkens und Schreibens zu glauben, wie Michael Brenner schreibt.

Teil 1

Die Geschichte …

Früher diskutierten die Damen beim Frisör die Beziehungsprobleme der Mitglieder des britischen Königshauses als fänden sie in der eigenen Familie statt. Heute analysieren Männer, Frauen und Diverse in ähnlicher Weise die Psyche Putins, des Mannes mit schillernder KGB Vergangenheit im Dienste russischer Oligarchen, der nach über 20 Jahren in höchster Machtposition plötzlich dem Größenwahn verfällt. Seine Machtkarriere möchte er damit krönen, dass er die Ukraine wieder heim ins russische Reich holt, wie auch die anderen ehemaligen Sowjet-Republiken und vielleicht sogar Warschauer-Pakt-Staaten. Der Überfall auf die Ukraine ist nur durch den unersättlichen Machthunger dieses Mannes zu erklären, einem Machthunger, der, so steht zu befürchten, dazu führen wird, dass ‚der Russe‘ bald wieder vor Berlin steht. Die Unterstützung, die Putin dabei im eigenen Land bekommt, ist durch den starken Einfluss des konservativ-reaktionären, christlich-orthodoxen, slawischen Nationalismus zu erklären, deren Anhänger sich gegen alles Moderne wehren, Homosexualität verteufeln etc. etc.

Das ist eine starke Geschichte. Aber stimmt sie auch? Weiterlesen