Nordstream 2 revisited

Warum Klimapolitik ohne Frieden nicht gelingen kann

Heute sind die wichtigsten Schritte zur Klimarettung die Aufgabe des Konfrontationskurses mit Russland und China und die Entlastung der Energiemärkte durch Aufgabe der Sanktionen und die Öffnung von Nordstream 2.

Wenn ich heute die Inbetriebnahme von Nordstream 2 befürworte, bekomme ich Beifall von der „falschen“ Seite und die Mehrheit meines Bekanntenkreises ist entsetzt.

Nicht wenige Deutsche sehen in der Verteuerung der Energie und dem Druck auf Russland eine große Chance für die sozial-ökologische Transformation unserer Gesellschaft. Die Geschichte geht so:

  • Mit dem Aus für Nordstream 2 ist die Macht der Gaslobby gebrochen, die bisher die Energiewende entscheidend hintertrieben hat. Unter dem Vorwand, Gas sei unverzichtbarer Übergangsenergieträger, hat sie bisher unsere Energieversorgung langfristig von billigem russischem Gas abhängig gemacht und dabei glänzend verdient.
  • Die Sanktionspolitik weist nicht nur einen Aggressor in seine Schranken, sondern dessen Schwächung ist auch gut für den Klimaschutz. Putin und sein „Machtzirkel“ sahen ihre, vornehmlich auf dem Verkauf fossiler Rohstoffe beruhende, autokratische Machtstellung durch die weltweite Nachhaltigkeitswende bedroht, wie z.B. Klaus Dörre1 schreibt. Unfähig zu Strukturreformen habe der „Putinismus“ auf Militarismus und Chauvinismus gesetzt; dies sei eine der Ursachen für den Überfall Russlands auf die Ukraine gewesen.

  • Soziale Proteste haben heute durchaus Erfolgschancen, zumindest in den westlichen Demokratien. Denn der Druck von unten unterstützt die notwendigen Bemühungen von oben, durch „die soziale und institutionelle Einbettung der Märkte“den Kapitalismus vor sich selbst zu retten. Dabei spielt die Klimabewegung eine entscheidende Rolle, indem sie die richtigen Forderungen stellt, nämlich danach, „was anstelle steigender Rüstungsausgaben wirklich hilft: ein Importstopp für russisches Erdgas und Erdöl, der zugleich die radikale Abkehr von fossilen Energien erzwingt.“
  • Angesichts der Schrecken des Krieges besinnen sich viele Menschen auf soziale Werte anstelle von materiellem Konsum und finden zu einem bescheideneren Lebensstil.
  • Unter dem Druck hoher Preise sparen Betriebe und Privatpersonen Energie und stellen auf die nun endlich konkurrenzfähigen erneuerbaren Energieträger um. Der Staat unterstützt sie dabei mit Fördergeldern, weniger Bürokratie und Entlastungspaketen.
  • Der Gesetzgeber macht endlich Nägel mit Köpfen: Mit dem „Osterpaket“ wurde am 6. April 2022 nach Darstellung der Regierung „die größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten“ verabschiedet“. Erstmals sei das „neue EEG 2023 konsequent auf das Erreichen des 1,5-Grad-Pfades nach dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgerichtet!“

Die Freude an dieser mehrfachen Win-Situation kann ich nicht teilen. Sicher, der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix wird weiter wachsen. Aber wer die mit Russland Handel treibende Gaslobby und Putin als die Hauptklimasünder identifiziert, macht es sich viel zu einfach. Wer die Sanktionen begrüßt und hofft, dass die Menschen für mehr Klimaschutz demonstrieren, wenn ihnen das Geld fürs Heizen fehlt oder sie ihre Betriebskosten nicht mehr decken können, ist realitätsfern. Wer glaubt, man könne im Rahmen der Konfrontation mit Russland Europa erfolgreich dekarbonisieren und den weltweiten Klimawandel aufhalten, ist illusionär.

In der gegenwärtigen Situation geht es der politischen Klasse nicht primär um die Energiewende, sondern um die Energieunabhängigkeit von Russland.

Angesichts der plötzlichen Energieknappheit bekommen dabei zwangsläufig auch alle diejenigen Oberwasser, die grüne Energiepolitik schon immer für wirtschaftspolitischen Wahnsinn hielten. Und die freuen sich nun darüber, wenn ausgerechnet grüne Politiker (und Politikerinnen) die Laufzeiten von Atom- und Kohlekraftwerken zu verlängern suchen und den Ausbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland befördern, obwohl LNG-Gas viel klima- und umweltschädlicher als Erdgas ist. Durch die Einstufung von Erdgas und Atomkraft als nachhaltig gibt das EU-Parlament zu all dem seinen Segen.

Das alles sieht genauso wenig nach kurzfristigen Übergangslösungen aus wie der Bau von Nordstream 2 in den Augen der Umweltbewegung. Auch diesmal werden heute realwirtschaftliche, finanzielle und politische Weichen gestellt, die künftig den Wechsel zu erneuerbaren Energien erschweren, und damit fossile Lobbys bedient.

Die Realität 2022: Der Anteil an erneuerbaren Energien am deutschen Energieverbrauch stieg im ersten Halbjahr 2022 um 4,7 %, der stark gesunkene Gas- und Kernenergieverbrauch wurde vornehmlich durch Kohle (+19,8 %) und Erdöl (+7,3 %) ersetzt.
Der Gesamtverbrauch sank in diesem Zeitraum um 3,5 %, hauptsächlich jedoch witterungsbedingt.Nach Experteneinschätzung brauchen wir im Winter aber eine 20-prozentige Reduktion unseres Energieverbrauchs. Die ist aktuell nur durch die Schockwirkung der Energiepreise vorstellbar, die Europa in eine tiefe Rezession und Finanzkrise zu stürzen droht. Die zu erwartenden Folgen sind gravierend: Betriebsschließungen, Arbeitslosigkeit, schwere Notlagen für die Menschen am unteren Rand der Gesellschaft, trotz staatlicher Hilfspakete.

Viele auf den Import von Energieträgern und Lebensmitteln angewiesene Länder des Südens müssen wegen der hohen Preise nicht nur Not sondern eine akute (Hunger-)Katastrophe befürchten. Sie bekommen nichts, während der globale Norden beim Versuch, die russischen Lieferungen zu ersetzen, die Märkte leer fegt.

Für diese Situation ist nicht „Putin“ verantwortlich, sondern der Westen durch die Deregulation der Energiemärkte und die Sanktionspolitik. Deren Erfolg darf bezweifelt werden: Der russische Staat kann mit den gestiegenen Energieeinnahmen bequem den Ukraine-Krieg finanzieren. Und die westlichen Öl- und Gasmultis fahren Rekordgewinne ein. (Warum eigentlich streben die G7-Staaten nur einen Preisdeckel für russisches Öl an und nicht z.B. für amerikanisches LNG?)

Wer nach den Hauptgründen für die relative Erfolglosigkeit der weltweiten Klimaschutzbemühungen sucht, wird hier fündig: In den USA finanziert Big Oil zwar hauptsächlich die republikanische Partei. Dennoch reichte deren Macht bequem, um Präsident Bidens ehrgeizige klimapolitische Pläne auf ein Minimum zurückzustutzen. Die Sicherung der Kontrolle über die weltweiten fossilen Ressourcen ist in den USA weiterhin parteiübergreifende Staatsdoktrin. Wer sich der Macht des Petrodollars widersetzt, wird bestenfalls sanktioniert, im schlechtesten Fall mit militärischen Mitteln beseitigt – siehe Irak, Libyen, Venezuela, Iran. So diente auch der US-amerikanische Kampf gegen Nordstream 2 nicht etwa der Förderung der Energiewende, sondern dem Zweck, Europa und v.a. Deutschland von günstigem russischen Gas abzuschneiden, wenn „Putin“ es schon dem direkten westlichen Zugriff entzogen hatte, und auf teureres LNG u.a. made in the USA umzusteigen.

Es überrascht nicht, wenn viele Menschen in den Industriestaaten die Warnungen vor dem anstehenden Klimadesaster und die Predigten vom Ende des Wohlstandes und der Notwendigkeit, Opfer zu bringen, als absolut verlogen erleben. Aus dieser Sicht sind hohe Energiepreise und Energiewende nichts anderes als Vorwand und Mittel der Eliten, sich auf Kosten des Mittelstandes und der „kleinen Leute“ weiter zu bereichern und sich der „Überflüssigen“ zu entledigen.

Eine Oxfam-Studie von 2015 zeigte: Die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung ist verantwortlich für nur etwa 10% der globalen Emissionen, lebt aber mehrheitlich in den Ländern, die am anfälligsten für die Folgen des Klimawandel sind, während die reichsten 10% der Erdbewohner die Verantwortung für rund 50% der globalen Emissionen tragen.

Die nicht zu diesen oberen 10 % gehörenden Menschen in den Industriestaaten müssen Aufforderungen zum Gürtel-Enger-Schnallen für mehr als zynisch halten: Flugreisen, teure E-Autos und grüne Investitionsmöglichkeiten für die einen, ungeheizte Freibäder, verspätete Züge und Geldsorgen für die anderen. Erst recht gilt das für die Länder des globalen Südens, wenn Finanzspritzen für sie an Auflagen geknüpft bzw. Hilfsversprechen grundsätzlich nicht eingehalten werden, während die Industriestaaten weiterhin Klimaziele verfehlen und das Desinteresse an ihren Problemen offen zur Schau stellen, wie z.B. beim jüngsten Treffen zur Diskussion der Folgen des Klimawandels auf dem afrikanischen Kontinent in Vorbereitung auf den nächsten Klimagipfel im November.

Für die armen Länder ändern sich die Zeiten jedoch gerade, nicht nur durch die Präsenz Chinas. Denn die Isolierung „Putins“ ist nicht gelungen. Im Gegenteil: Russland ist diplomatisch überaus aktiv und dabei durchaus erfolgreich, wie z.B. Außenminister Lawrows Afrikareise zeigt. Während der Westen den „Rest der Welt“ drängt, sich die Netto-Null-Ziele zu eigen zu machen, bietet Putin die Befreiung von der radikalen Klimawandel-Ideologie des Westens an. Die Botschaft Russlands an seine Partner lautet: Wir verstehen sehr gut, dass eure Bevölkerungen Strom, sauberes Wasser und Industrialisierung wollen. Ihr könnt Erdöl und Erdgas haben, und zwar zu einem Preisnachlass auf das, was Europa zahlen muss (was eure Exporte wettbewerbsfähiger macht) und ohne die Vorbedingung, sich an die „ESG-Normen“ (Umwelt, Soziales und Governance) halten zu müssen. Torpediert also „Putin“ nicht doch den Klimaschutz?

Ist unter diesen Umständen die Welt noch zu retten?

Die Erderhitzung ist ein reales Problem. Dass die Menschheit, so wie wir sie heute kennen, auf ihren Untergang zusteuert, ist kein leeres Gerede und auch kein religiöser Wahn, sondern Stand der Wissenschaft (IPCC-Bericht). Das bestreitet weder die russische und schon gar nicht die chinesische Regierung. Heute sind zwar die Auswirkungen der bisherigen Erwärmung schon eindeutig nachweisbar, aber es gibt nicht im entferntesten wirklich katastrophale Folgen. Nahrungsmittel werden weltweit im Überfluss produziert. Wenn jemand hungert, dann wegen Geld-, nicht wegen Nahrungsmangel. Die Reduktion des Fleischkonsums ergäbe noch viel größere Spielräume. Fast nirgendwo schrumpft die Bevölkerung wegen Nahrungsmangel oder anderen Umweltproblemen. Heute haben wir ein Verteilungsproblem. Wenn nicht wirklich radikal weltweit umgesteuert wird, wird das jedoch in einer drei, vier, fünf Grad wärmeren Welt, die nur noch wenige Jahrzehnte entfernt ist, ganz anders sein.

Der notwendige Übergang ist aber keine Frage dieser Pipeline oder jener Subvention, sondern erfordert einen grundlegenden Strategiewechsel. Das scheinen die Kritiker grüner Klimapolitik realistischer zu sehen als deren Befürworter. Nachdem über 200 Jahre lang die fossilen Energien das Rückgrat des kapitalistischen Systems gewesen sind, 80% des weltweiten BSP sind davon abhängig, muss eine ganz neue technisch-industrielle „Kultur“ der Energieversorgung geschaffen werden. Und das geht nur, wenn sich unsere Konsumgewohnheiten ändern und unsere politischen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen. Und die Machtverhältnisse. Von all dem sind wir noch weit entfernt. Nicht wenige Menschen halten eine solche Transformation prinzipiell für unmöglich und sehen die aktuelle Energiekrise als Beweis dafür.

Sorgen der Krieg und die zu erwartende Wirtschaftskrise da nicht vielleicht doch für den heilsamen Schock, der zum notwendigen „Ruck“ durch die Gesellschaft führt?

Nein. Die nötigen langfristigen strategischen Veränderungen im Energiesystem sind nur möglich in einem stabilen und friedlichen Umfeld, in dem die größten Länder, die Verbraucher und die Produzenten fossiler Brennstoffe in einem bisher ungekannten Ausmaß miteinander kooperieren. Es nützt auch nicht das geringste, wenn Deutschland und eine handvoll anderer Länder erfolgreich dekarbonisieren. Für das Klima ist nur der weltweite massive Abbau des CO2-Eintrags relevant. Es ist notwendig, dass fossile Energiequellen nicht weiter erschlossen werden. Wie will man die Förderländer dazu bringen, auf die Ausbeutung ihrer fossilen Reichtümer zu verzichten? Etwa durch Sanktionen? Oder indem man sie zurück in die Steinzeit bombardiert?
Wie will man Länder des globalen Südens mit preiswerter Energie versorgen, auf die sie heute für Transport, Strom und Landwirtschaft elementar angewiesen sind? Dazu sind Verträge, Abmachungen, Preiskontrollen, Subventionen, gemeinsame Investitionsentscheidungen u.ä. nötig, wie es sie so noch nie gegeben hat. Dabei müssen die Interessen aller angemessen berücksichtigt werden.

„Um effizient und effektiv zu sein, müssen erneuerbare Energien Grenzen überschreiten und regional, ja sogar global verbunden sein, z.B. in der neuen Wasserstoffwirtschaft“, sagt der US-amerikanische Ökonom Jeffrey Sachs, Sonderberater der Millennium Development Goals und Direktor des UN Sustainable Development Solutions Network und fährt fort:

„Wenn man aufgrund von Krieg und Konflikten eine kurzfristige Perspektive hat, dann kann man keine von den Veränderungen erreichen, die wir brauchen. Man kann improvisieren, man kann sich vielleicht kurzfristig über Wasser halten, aber die Wahrheit ist, dass wirkliche Entwicklung, egal welcher Art, Jahre, ja sogar Jahrzehnte harter und kontinuierlicher Arbeit erfordert, um Kinder auszubilden, um Infrastruktur zu schaffen, um über Flussbetten hinweg zusammenzuarbeiten, um Stromnetze zu bauen, die wiederum grenzüberschreitend sind. Das ist eine langfristige kooperative Anstrengung, die vom Frieden abhängt.“ [Übers. d. V.]

Wenn der nicht gelingt, werden alle munter weitermachen wie bisher, auch wenn sie wissen, dass sich das in der Zukunft rächen wird. Die anhaltende Dürre in Afrika, die schweren Fluten in Pakistan und China sind deutliche Warnzeichen.

Die Hauptursache für die fehlende internationale Kooperation sieht Jeffrey Sachs nicht bei den „Autokraten“ Putin, Xi und Co. sondern im Anspruch der USA auf full spectrum dominance. Für die US-Regierungen gleich welcher Couleur sei Diplomatie ein Fremdwort und Machtpolitik das einzige Mittel der Wahl, was auch die Verbündeten zu spüren bekämen. Das beobachte er schon seit seiner Tätigkeit als Wirtschaftsberater Gorbatschows und Jelzins in der Zeit der Auflösung der Sowjetunion. Schon damals hätten die USA, im Gegensatz zu den russischen und europäischen Erwartungen, keineswegs gleichberechtigte Beziehungen mit Russland und die Unterstützung einer unabhängigen Entwicklung des Landes angestrebt, sondern dessen Unterordnung unter die eigenen geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen. Man habe Russland mit Nato-Stützpunkten umgeben. Insgesamt hätten die USA seit dem Fall der Sowjetunion weltweit 25 militärische Konflikte geführt (von den 100 ihrer gesamten Geschichte).

Und erst vor kurzem beendete die chinesische Regierung wegen der – aus ihrer Sicht – Taiwan-Provokationen die klimapolitische Zusammenarbeit mit den USA.

Was würde ich also meinen Bekannten antworten, wenn es möglich wäre, diese Dinge in Ruhe ausführlich zu diskutieren?

Ja, es ist richtig, im Kleinen anzufangen. Es ist gut, wenn die erneuerbaren Energien hierzulande weiter ausgebaut werden. Es schadet überhaupt nichts, sich Solarpaneele aufs Dach zu setzen, in Windparks zu investieren und bescheidener zu leben. Aber wenn es nicht bei bloßem virtue signalling bleiben soll, müssen wir die Voraussetzungen für eine erfolgreiche weltweite Klimapolitik schaffen. Deswegen sind heute die wichtigsten Schritte zur Klimarettung die Aufgabe des Konfrontationskurses mit Russland und China und die Entlastung der Energiemärkte durch die Aufgabe der Sanktionen und die Öffnung von Nordstream 2.

Hierzulande hat sich„transatlantische Aggressivität mit deutschem Idealismus“ verbündet, wie es der Politikwissenschaftler Christian Hacke ausdrückt. Innen- und außenpolitisch braucht eine erfolgreiche Klimapolitik jedoch weder Angstszenarien noch Moralismus, sondern Sicherheit und eine positive und gerechte Perspektive für die breite Mehrheit der Bevölkerung. Es ist mehr als traurig, dass auch die Partei „Die Linke“ die Sanktionspolitik befürwortet und sich auf die Forderung nach Abfederung sozialer Härten beschränkt. (Ihre Ablehnung höherer Rüstungsausgaben verwundert fast schon angesichts des von ihnen konstatierten aggressiven „Putinismus“.) Damit überlässt sie den Widerstand weitgehend der AfD, die konsequent Frieden mit Russland fordert, aber der Energiewende äußerst kritisch gegenüber steht. Schlechte Aussichten fürs Klima.

 

1Klaus Dörre, „Das Zeitfenster schließt sich“. In: Zeitschrift ‚Sozialismus‘ (Heft 4-22)

 

7 Gedanken zu „Nordstream 2 revisited

  • Viel Zeit ist nicht mehr:
    Quelle: https://smoothiex12.blogspot.com/2022/09/how-to-be-written-off.html

    Translation: SAMARKAND, September 15. /TASS/. „The Power of Siberia 2 gas pipeline may become a de facto replacement for Russia’s Nord Stream 2 gas pipeline. This was announced on Thursday by Russian Deputy Prime Minister Alexander Novak in an interview for the „Moscow. Kremlin. Putin“ program, a fragment of which was shown on the Rossiya-1 TV channel. “Well, in fact, yes,” said the Deputy Prime Minister, answering a question from journalist Pavel Zarubin whether the Power of Siberia 2 gas pipeline could become a replacement for Nord Stream 2. Novak recalled that the Power of Siberia-2 project is being discussed „for a capacity of 50 billion“ cubic meters of gas.“

    This is a very bad news for EU, which for many decades thought about Russia as a perpetual backward entity entirely dependent on West’s industrial and technological expertise. So, seeing now how Russia doesn’t give a damn must hurt. Like that:

    Russia’s natural gas exports to the European Union this year are expected to decline by 50 billion cubic meters (bcm)—or by one-third of last year’s volumes—Russian Deputy Prime Minister Alexander Novak said on Thursday. „According to estimates currently in the Ministry of Energy, exports will decrease by about 50 billion cubic meters,“ Novak said on the sidelines of an event in Moscow, as carried by Russian news agency Interfax.To compare, last year, Russian gas exports to the EU totaled around 150 bcm, per Reuters estimates.

    All the meanwhile Mr. Sechin is laughing all the way to the bank, as is Russia’s budget and social and industrial programs.

    Russia’s largest oil producer, state-owned Rosneft, reported on Thursday a 13% increase in its first-half net income compared to the same period last year, boasting increased efficiency despite the Western sanctions on Russia over the invasion of Ukraine. Rosneft’s net profit increased to $7.2 billion (432 billion Russian rubles) in the first half of 2022. The company’s oil and gas production rose by 1.5% to 4.85 million barrels of oil equivalent per day (boepd) as compared to the same assets it held last year, excluding assets disposed of in 2021. “In 1H 2022, Rosneft was under an unprecedented pressure of adverse external factors and unlawful sanctions. However, thanks to high operational efficiency and appropriate management decisions, we were able to ensure business continuity and demonstrate stable results,” Rosneft’s Chairman of the Management Board and Chief Executive Officer Igor Sechin – a long-time ally of Putin – said in a statement.

  • Eine andere Frage, die ich mir stelle, ist, wie und zu wessen Gunsten mischt sich der Staat in die Energiewirtschaft aktuell ein. Wenn das Wirtschaftsministerium namentlich eine einzige Firma beauftragt, weltweit LNG-Gas zu jedem Preis aufzukaufen, damit die Speicher annähernd voll werden und es damit den Preis in Phantasiehöhen treibt und am Ende die Verbraucher gezwungen wird, eine Gasumlage für die Gasfirmen zu zahlen, ist das einfach skandalös und für mich ein sofortiger Rücktrittsgrund für die ganze Regierung.

    Ich würde bei dieser Regierung nicht für die Vergesellschaftung der Energieunternehmen demonstrieren wollen, aktuell, wie die PdL das verlangt, weil das Wirtschaftsministerium eng mit der Energielobby bzw. Fraktionen davon verflochten ist. Es bräuchte stattdessen funktionierende, marktwirtschaftliche Mechanismen. Z.B. überlegt das Ministerium Rosneft in Schwedt zu übernehmen, um die Raffinerie dann letztlich zu verkleinern bis still zu legen. Es hat sich mit Minderheitsbeteiligungen bei Uniper eingekauft, zur Stützung der AG. Usf. Man sozialisiert wiedermal die Verluste, und privatisiert die Gewinne mit breiter Unterstützung des Ministeriums. Bei einer solchen Staatsituation sind Vergesellschaftungsforderungen kein Motiv, um Menschen breit zu mobilisieren.
    Stattdessen:
    Die Lohnabhängigen, Gewerkschaften und die PdL müssten überall wilde Streiks wegen der Inflation für hohe Tarifabschlüsse organisieren, statt brav auf Entlastungspakete, Preisdeckel, Zufallssteuer 🙂 zu warten!

    • „überlegt das Ministerium Rosneft in Schwedt zu übernehmen, um die Raffinerie dann letztlich zu verkleinern bis still zu legen.“

      Heute gab das Wirtschaftsministerium bekannt: „Zur Sicherung des Betriebs der Raffinerien in Schwedt, Karlsruhe und Vohburg stellt die Bundesregierung die Rohölimporteure Rosneft Deutschland (RDG) und RN Refining & Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur.“

      „Sicherung des Betriebes“ bedeutet im Klartext das Abstellen der Pipeline Drushba in Schwedt und die Lieferung von Tankeröl über eine Pipeline von Rostock, dessen Kapazität maximal die Hälfte der bisherigen beträgt. Das führt trotz aktuellem Ölpreisrückgang auf den Weltmärkten zu einem regionalen Anstieg (Berlin, Brandenburg) und die Beschäftigten werden mit schönen Worten verar…., die Manager mit guten Abfindungen / Posten in irgendwelchen nutzlosen Übergangsorganisationen ruhig gestellt. Die staatlichen Erlasse im Zuge der Sanktionen sind einfach unglaubliche Staatseingriffe in den Energiemarkt zulasten der Verbraucher und der Unternehmen. Für mich beinhalten die Staatsmassnahmen einige Merkmale einer Kriegswirtschaft (massive zentralistische Staatseingriffe mit Unterordnung der Wirtschaft und spez. des Energiesektors unter die Kriegsziele, Inflationstreiber Energie und Rüstung, vom Gegner autarke Wirtschaft und Energieversorgung, Hetze gegen die Kritiker usf.).

  • Schön strukturierter Artikel mit der beim Klimaschutz so wichtigen Verknüpfung DE-EU-internationale Perspektive!

    Meine momentanen Fragen an die Innenpolitik und an die Realisierbarkeit der CO2-Emissions-Einsparungsziele:
    Noch im Koalitionsvertrag hat die Ampelregierung den Ausbau der Gaskraftwerke beschlossen, Voraussetzung: umrüstbar auf Wasserstoff, als wesentlicher Teil ihrer Energiepolitik, quasi als „Brückentechnologie“. Ich habe bis jetzt nichts gelesen, wie die alten Pläne der neuen Lage angepasst werden sollen, in der die Regierung infolge des Wirtschaftskrieges gegen Russland und der Kriegswirtschaft wegen Knappheit und Preishöhe die Gesellschaft zwingt, Gas einzusparen oder wieder auf andere fossile Energieträger (Kohle, Öl) auszuweichen, weil Gas reduziert werden soll (15-20%). Ausserdem ist die Preisentwicklung bei Gas für die Unternehmen schwer kalkulierbar, was u.U. den Trend zu Kohe, Öl über die beschlossene 15-20 % Rationierung hinaus noch verstärken könnte.

    Ich habe subjektiv den Eindruck, man handelt aktuell planlos im HInblick auf die Umsetzung der ZIele der beschlossenen CO2-Einsparungen. Entweder verwendet DE in Zukunft über die geplanten Daten hinaus Öl / Kohle oder bezieht Atomstrom aus Fr, das neue Atomwerke plant?? Nur offen sagen will die Regierung es nicht.

    Und eine grössere Rezession mit Teildeindustrialisierung senken möglicherweise den Energiebedarf und die CO2-Emissionen, wie es nach der Wiedervereinigung in den östlichen Bundesländern passiert ist.

    • Hier geht man von einer Erhöhung des CO2-Ausstoßes im ersten Halbjahr 2022 von 1% aus. Ich habe es nicht nachgerechnet, aber das scheint mir eher zu niedrig angesetzt angesichts des massiven Anstiegs im Einsatz von Steinkohle, Braunkohle und Öl.

  • Da die Forderung zur Öffnung von Nordstream 2 gerade aktuell ist, habe ich meinen Artikel schon einmal eingestellt, ehe er anderswo erscheint. Feedback nehme ich gerne entgegen.

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