US-Außenpolitik: Liegt ein Wandel in der Luft?

Wie soll es angesichts der veränderten Weltlage außenpolitisch weitergehen? Damit beschäftigen sich in der neuesten Ausgabe von Foreign Affairs rechtzeitig zum Präsidentschaftswahlkampf gleich drei Artikel aus drei verschiedenen Richtungen.

Für die größte Überraschung sorgte dabei Ben Rhodes, der von 2009 bis 2017 stellvertretender
Nationaler Sicherheitsberater für strategische Kommunikation und Redenschreiben in der Obama-Regierung war. Dass er mit dem jetzigen Sicherheitsberater Bidens Jake Sullivan einen Think Tank gegründet hat, spricht dafür, dass er auch heute noch eine wichtige politische Figur ist. In einer gewaltigen Abkehr von der bisherigen US-Politik plädiert er unter der Überschrift „A Foreign Policy for the World as It Is – Biden and the Search for a New American Strategy“ dafür, dass die USA

„die Denkweise des amerikanischen Primats aufgeben“ und „sich von den politischen Erwägungen, dem Maximalismus und der westlich-zentriertenSichtweise abwenden, die dazu geführt haben, dass die  Regierung [Biden] einige der gleichen Fehler wie ihre Vorgänger gemacht hat“. [Übersetzung d. V.]

Bevor wir uns damit beschäftigen, wie Rhodes zu dieser Schlussfolgerung kommt, zunächst ein Blick auf die anderen Konzepte:

Trumps Konzept: Frieden durch Stärke

Die „progressive“ Antwort: Eine Kraft des Guten in einer Welt der Zielkonflikte

240705 Quo Vadis Amerikanische Außenpolitik 2-Teiler

Der vollständige Artikel erschien in leicht veränderter Form auf Makroskop.

US-amerikanische Strategiedebatten

In seinem täglichen Briefing vom 22.8.2023 spricht Alexander Mercouris das „Big Power Game“ des US-Imperiums an und wie die entsprechenden Strategien in den USA diskutiert werden.

Die drei großen Zeitschriften, in denen diese debattiert werden, sind: Foreign Policy, Foreign Affairs und National Interest.

Grundsätzlich sei man sich bei den Eliten einig, dass China die große Gefahr für die amerikanischen Interessen darstelle. Aber wie soll man inzwischen mit Russland umgehen?

2021 forderte das Strategiepapier des Atlantic CouncilToward A New American China Strategy“ Zugeständnisse an Russland.

„ Allowing Russia to drift fully into China’s strategic embrace over the last decade will go down as the single greatest geostrategic error of successive US administrations,“ schreiben die Autoren.

Dem wurde z.B. in dem am 14.3.2022 in National Interest erschienenen Artikel von Wess Mitchell „To Prevent China from Grabbing Taiwan, Stop Russia in Ukrainevehement widersprochen (der Originalartikel sei inzwischen mehrfach redigiert und entschärft worden, sagt Mercouris).

„The whole point should be to keep U.S. power applied as surgically as possible to the weaker of the two rivals, with a view to decisively draining it and being able at a later date to face China with greater strength as a result.“

Heute schienen mehr und mehr Strategen zu der Einsicht zu kommen, dass letztere Strategie dabei sei zu scheitern. Weiterlesen

Das Ende der Diplomatie?

Die ukrainische Tragödie

Lesen Sie dazu auch: Michael von der Schulenburg: Der Ukraine-Krieg und unsere Verpflichtung zum Frieden

Diplomatie statt Krieg?

Vor einigen Tagen sprach der Musiker und Begründer der Band Pink Floyd Roger Waters vor dem Weltsicherheitsrat und forderte den sofortigen Stopp der Kriegshandlungen in der Ukraine. Das gleiche fordert das von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht verfasste „Manifest für Frieden“, das bereits breite Unterstützung gefunden hat. Diplomatie statt Krieg. Wer wie Roger Waters, der seinen Vater im Krieg verlor, weiß, was Krieg bedeutet und die Leoparden-Witze unserer „feministischen“ Außenministerin für abgrundlos zynisch hält, konnte bisher noch ein wenig stolz darauf sein, dass es schließlich die Europäer Angela Merkel und Francois Hollande waren, die in den Jahren 2014/15 mit den Minsker-Abkommen maßgeblich an der Aushandlung einer diplomatischen Lösung für den Ukraine-Konflikt beteiligt waren, und darin auch einen winzigen Hoffnungsschimmer für entsprechende künftige eigenständige europäische Initiativen sehen. Weiterlesen

Frühstück der Autokraten Teil 2

Mein Artikel „Frühstück der Autokraten“ über das jüngste Treffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) sollte ein Zweiteiler werden. Nachdem klar ist, dass er nur auf unserem Blog veröffentlicht wird, fehlt mir die Motivation, den zweiten Teil professionell auszuarbeiten. Aber die wesentlichen Inhalte sollen doch hier einmal festgehalten werden. Denn was sich dort tut, wird in den westlichen Medien kaum zur Kenntnis genommen. Wenn es zur Kenntnis genommen wurde, dann nur mit einem besonderen Framing, das zeigen sollte, wie isoliert Putin ist. Dem habe ich im ersten Teil einige O-Töne entgegengehalten, die zeigen sollten, dass es gute Gründe gibt, das zu bezweifeln.

Wer die Entwicklung ernst nimmt, ist der Neocon Robert Kagan, der darüber ein Buch geschrieben hat (The Return of History and the End of Dreams). Er beobachtet die Geschehnisse im asiatischen Raum mit Sorge. Denn es zeige sich, dass wirtschaftliche Entwicklung nicht automatisch zu liberal-demokratischen Systemen führe, wie man im Westen bisher angenommen habe. Seine These, dass wir uns in einem Zeitalter der Auseinandersetzung zwischen Autokratien und Demokratien befinden, ist ja inzwischen als offizielles Framing mainstream und auch Teil der NATO-Strategie 2022.

Aber was tut sich wirklich und wie sehen denn die Beteiligten selbst ihre Politik? Weiterlesen

Ist die Biden-Administration komplett verrückt geworden?

… fragt sich Alexander Mercouris in seinem letzten Video.

O-Ton Mercouris*:

„Ich glaube, dies ist die außenpolitisch gefährlichste Regierung, die die Vereinigten Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hervorgebracht haben. Ich habe noch nie erlebt, dass ein US-Präsident und seine Regierung sich in dieser Weise gegenüber Großmächten mit Atomwaffen und mit solch erstaunlicher Unbesonnenheit verhalten haben […] China wegen Taiwan zu provozieren und Russland gleichzeitig mit dem Einsatz von Atomwaffen zu drohen, deutet für mich auf eine Regierung hin, die komplett verrückt geworden ist […has completely gone off the rails].“

Der Hintergrund: Weiterlesen

Konfrontation mit Russland und China ist unvereinbar mit der Rettung des Klimas

Ich denke, bei vielen ist heute Klimapolitik in erster Linie „virtue-signalling“. Was wundersam zusammenfällt mit der moralisch korrekten Haltung zum Ukraine-Krieg. Wir schaden Putin, indem wir Gas sparen und retten zugleich das Klima. Ein moralisches Win-win.

Inhaltlich ist das aber leider total falsch. Denn die Erderhitzung ist tatsächlich ein reales Problem. Wir gehen in wahrsten Sinn des Wortes dem Weltuntergang entgegen. Das ist kein leeres Gerede und auch kein religiöser Wahn, sondern das ist der Stand der Wissenschaft (IPCC-Bericht). [Natürlich bezieht sich „Weltuntergang“ immer auf den Untergang der Menschheit, wie wir sie heute kennen, nicht auf den Untergang des Planeten in irgendeiner Form.] Heute sind zwar die Auswirkungen der bisherigen Erwärmung eindeutig nachweisbar, aber es gibt nicht im entferntesten wirklich katastrophale Folgen. Nahrungsmittel werden weltweit im Überfluss produziert. Wenn jemand hungert, dann wegen Geldmangel, nicht wegen Nahrungsmangel. Wenn man den Fleischkonsum reduziert, ergeben sich noch viel größere Spielräumen. Fast nirgendwo geht die Bevölkerung zurück wegen Nahrungsmangel oder anderen Umweltproblemen. Das wird sich radikal ändern in einer drei, vier, fünf Grad wärmeren Welt. Das dauert nur noch wenige Jahrzehnte, wenn nicht wirklich radikale Änderungen weltweit erfolgen. Und damit bin ich beim Thema. Weiterlesen

Neulich im Pazifik …

Der Guardian berichtet:

US warns Solomon Islands against China military base …

  • The US government has warned Solomon Islands it will “respond accordingly” if its security agreement with China leads to a Chinese military presence in the Pacific island nation.

A visiting US delegation including Indo-Pacific security adviser Kurt Campbell delivered the message to the Solomon Islands prime minister, Manasseh Sogavare, directly, the White House said, …

War da nicht was mit dem Nato-Beitritt der Ukraine?

Und das sagt man in China dazu: Weiterlesen

Amerika besiegt Deutschland zum dritten Mal in einem Jahrhundert:

MIC, OGAM und FIRE Sektoren erobern die NATO

Von Michael Hudson

Beginn der Übersetzung

Mein alter Chef Herman Kahn, mit dem ich in den 1970er Jahren am Hudson Institute gearbeitet habe, hatte eine bestimmte Rede, die er auf öffentlichen Versammlungen zu halten pflegte. Er sagte, dass seine Lehrer in der High School in Los Angeles immer das sagten, was die meisten Liberalen in den 1940er und 50er Jahren sagten: „Kriege haben noch nie etwas gelöst.“ Es war, als ob sie nie etwas verändert hätten – und deshalb nicht geführt werden sollten.

Herman war da anderer Meinung und stellte Listen mit allen möglichen Dingen auf, die Kriege in der Weltgeschichte gelöst oder zumindest verändert hatten. Er hatte Recht, und das ist natürlich das Ziel beider Seiten in der heutigen Konfrontation des Neuen Kalten Krieges in der Ukraine.

Die Frage, die man sich stellen muss, ist, was der Neue Kalte Krieg von heute zu ändern oder zu „lösen“ versucht. Um diese Frage zu beantworten, hilft es, sich zu fragen, wer den Krieg auslöst. Es gibt immer zwei Seiten – den Angreifer und den Angegriffenen. Der Angreifer beabsichtigt bestimmte Konsequenzen, und der Angegriffene sucht nach unbeabsichtigten Konsequenzen, die er ausnutzen kann. In diesem Fall gibt es auf beiden Seiten ein Duell der beabsichtigten Konsequenzen und der besonderen Interessen. Weiterlesen

Mit dem Rücken an der Wand

Bhadrakumar stellt sehr gut die Lage dar, in der sich Russland sieht, und warum wir alle damit in einer sehr gefährlichen Situation sind. Was folgt, ist ein mit DeepL übersetzter Ausschnitt aus M. K. BHADRAKUMAR: India shouldn’t miss world war pointer. Den ersten auf Indien bezogenen Teil habe ich weggelassen.

Beginn der Übersetzung

Das Kernproblem ist heute nicht die „russische Invasion“. Putin hat unmissverständlich klargestellt, dass Russland nicht beabsichtigt, die Ukraine zu besetzen, und dass es zwei Ziele verfolgt: „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine.

Ersteres bedeutet die Demontage der militärischen Infrastruktur, die die NATO auf ukrainischem Boden direkt vor der Haustür Russlands installiert hat. Der ukrainische Verteidigungsapparat, einschließlich seiner Kommandozentralen, ist bereits an das NATO-System angeschlossen.

Putin hat wiederholt gewarnt, dass Moskau innerhalb von 5 Minuten in Schlagdistanz wäre, wenn die USA Raketen in der Ukraine aufstellen würden. Dies sei „wie ein Messer an unserer Kehle“, sagte er am Donnerstag.

Was die „Entnazifizierung“ anbelangt, so bedienen sich die US-amerikanischen und europäischen Geheimdienste in der Ukraine hartgesottener nationalistischer Kräfte mit neonazistischen Tendenzen, deren Abstammung bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreicht, als ihre Vorfahren während der Nazi-Invasion in der Sowjetunion als Kollaborateure Hitlers agierten.

Weiterlesen

Einige Gedanken zur Lage (mit Michael Hudson)

Tiefste Verunsicherung in dieser neuen Weltlage ist kein angenehmer Zustand. Damit werden wir, wenn wir nicht völlig verbohrt sind, in der nächsten Zeit leben müssen. Ein Versuch, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Michael Hudsons Aufsatz vom 8.2.2022 hilft mir dabei.(Übersetzungen von mir mit deepL)

1. Es geht um den ökonomischen Kampf um Einflusssphären, vermutlich auf Leben und Tod

Dazu Hudson:

„Das heutige Sanktionsregime ist nach innen gerichtet, um Amerikas NATO- und andere westliche Verbündete daran zu hindern, mehr Handel und Investitionen mit Russland und China zu tätigen. Das Ziel ist nicht so sehr, Russland und China zu isolieren, sondern vielmehr, diese Verbündeten fest in Amerikas eigenem wirtschaftlichen Orbit zu halten.“

Es ist meiner Meinung nach mehr als das: Das Ende der 500-jährigen Kolonisierung der Welt, die immer auch eine brutale, rassistisch-ideologische Unterwerfung und nicht nur eine ökonomische war. Weiterlesen