Imperialismus, Kapitalismus, Sozialismus und der ganze Rest

Zum ersten Mal hatte ich die Gelegenheit dazu, meine Thesen in einem größeren Kreis zu diskutieren. Das war eine sehr interessante und anregende Erfahrung. Ich erhielt anfangs fast durchweg positives Feedback.

In der vertiefenden Diskussion wurden aber sehr schnell unterschiedliche Sichtweisen deutlich. Deswegen habe ich nun versucht zusammenzufassen, worin sich meine Position eigentlich von anderen anti-kapitalistischen Einschätzungen unterscheidet. Wenn ich diese richtig wiedergegeben habe, gibt es da doch enorme Differenzen, wie die unten folgende Tabelle zeigt.

Dabei würde mich vor allem sehr interessieren, welche Alternativen zum Organisationssystem Nationalstaat und zu einer sozial-ökologischen Transformation in nationalen Rahmen es aus links-anti-kapitalistischer Sicht gibt.

Die grundsätzlich positive Aufnahme meiner Gedanken führe ich darauf zurück, dass sich aus meinem Ansatz eine sehr viel praktischere und weniger depressive Handlungsperspektive ergibt als aus den gängigen linken Analysen, die einen zudem immer wieder in das Bündnis mit dem keineswegs wohlwollenden Hegemon treiben.

Meine Suche nach Alternativen begann ja gerade, weil ich zunehmend eine Diskrepanz zwischen der beobachteten Realität und den Einschätzungen und politischen Haltungen des „linken Spektrums“ wahrnahm, und ich mich dort überhaupt nicht mehr aufgehoben fühlte.

Bei den heterodoxen Ökonomen, von denen die meisten nicht in erster Linie den Sozialismus, sondern eine ausgewogene erfolgreiche Volkswirtschaft im Sinn haben, bei Michael Hudson, für den eine solche Volkswirtschaft sozialistisch ist bzw. sein muss, bei geopolitischen Analysten, die sich nicht eindeutig traditionell rechts oder links einordnen lassen, beim Vergleich der Verlautbarungen der unterschiedlichen weltpolitischen Akteure, der konkreten Beschäftigung mit der Tagespolitik und deren  Vorgeschichte, bei marxistischen Ökologen u.v.m. wurde ich fündig und entdeckte eine für mich ganz neue Welt. Aber nun zum Positionenvergleich:
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Paradigmenwechsel

Hier ein weiteres Kapitel aus meinem geplanten Opus:

Als 68er waren wir nicht die erste Generation, die der Faszination des Marxismus erlagen. Das Versprechen war, im Gesamtzusammenhang verstehen zu können, was die Welt im Innersten zusammenhält: Die Menschwerdung durch Arbeit, die Entwicklung der Mensch-Natur-Beziehungen, der Beziehungen der Menschen zueinander und der kulturellen und politischen Verhältnisse im Zusammenhang mit den Produktionsverhältnissen im Laufe der Geschichte, die Ungleichheit, die Ungerechtigkeiten und die Kämpfe. Die konkrete Utopie. Und was zu tun ist, um dorthin zu gelangen.

Gräber/Wengrow1 zeigen an archäologischen Funden, wie viel komplexer das alles im Vergleich dazu ist, wie wir es beim Marx/Engels Studium gelernt bzw. verstanden haben. Denn vermutlich hätten die beiden – konfrontiert mit der Faktenlage – alles viel differenzierter gesehen. Weiterlesen

Sozialismus oder Barbarei?

Das ist das zweite Kapitel meines Buchprojekts.

Inhaltsverzeichnis
2 Sozialismus oder Barbarei?…………………………………………………………………………………………………1
2.1 Ohne Sozialismus geht es nicht…………………………………………………………………………………….1
2.2 Keine Emanzipation im Zentrum ohne die der Peripherie………………………………………………..3
2.3 Parasitäre Vergesellschaftung……………………………………………………………………………………….5
2.4 Rentiers sind so alt wie die menschliche Zivilisation……………………………………………………….8
2.5 Eingehegter Kapitalismus?…………………………………………………………………………………………11

Ein Ausschnitt daraus:

Es ist nicht schwer, die Aufgabenstellung für sozialistische Politik zu formulieren.

Es muss lokal und weltweit konkret gelingen und dauerhaft gesichert werden, dass

  • Arbeit so gestaltet wird, dass sie gesellschaftlich nützlich ist,

  • Wirtschaft und Gesellschaft so strukturiert sind, dass ein Maximum an gesellschaftlich nützlicher Arbeit geleistet werden kann,

  • Arbeit gerecht verteilt und entlohnt wird,

  • die Ergebnisse dieser Arbeit so verteilt werden, dass sie der Bevölkerungsmehrheit und nicht einigen wenigen zugute kommt, und

  • die Reproduktion der Gemeinschaft und die natürlichen Voraussetzungen menschlichen Wirtschaftens, insbesondere ihre Energiebasis, auf einer zukunftsfähigen Grundlage stehen.

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Thesen zur Zeitenwende

Das sind unsere Überlegungen dazu

Ist die Menschheit wieder dort angelangt, wo sie vor gut 100 Jahren war, als große kapitalistisch-imperialistische Mächte gegen einander antraten, und Rosa Luxemburg fassungslos auf den (aus ihrer Sicht) Verrat der deutschen Sozialdemokraten reagierte, die im Reichstag den Kriegskrediten zustimmten? Weiterlesen

Sozialistische Politik heute – die antiimperialistisch-realistische Sicht

Es sollte ein Aufsatz werden, doch es wird ein Buch. Zwei Kapitel muss ich noch schreiben. Aber „as“ meinte, ich solle es schon mal unvollständig zur Diskussion stellen, was ich hiermit mit der Veröffentlichung des ersten Kapitels tue. Der Rest folgt nach und nach.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 als pdf

1 Sozialismus: Notwendig aber bedeutungslos?

Die Menschen machen“, wie Marx einmal sagte, „ihre eigene Geschichte, aber sie machen sie nicht aus freien Stücken, sondern unter unmittelbar vorgefundenen, gegebenen und überlieferten Umständen“(MEW 8: 115) und innerhalb ihrer Grenzen. Falls jedoch die sozialistische Arbeiterbewegung wieder ihre Seele, ihre Dynamik und ihre historische Initiative zurückgewinnen sollte, dann müssen wir als Marxisten das tun, was Marx ebenfalls getan hätte: die neue Situation anzuerkennen, in der wir uns befinden, diese realistisch und konkret (und auch historisch spezifisch) analysieren, dabei auch die Gründe für das Scheitern wie für die Erfolge der Arbeiterbewegung erkunden – und nicht zu formulieren, was wir gerne getan hätten, sondern was unter diesen Umständen getan werden kann.“1

1.1 Sieg des Kapitalismus?

Wir leben in verwirrenden Zeiten.

Marxisten sind davon überzeugt, dass der Kapitalismus eine vorübergehende Wirtschafts- und Gesellschaftsform ist, die gekennzeichnet ist durch den antagonistischen Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit. Daraus ergibt sich der historische Auftrag der Arbeiterklasse, durch organisiertes politisches Handeln die Macht zu ergreifen und sozialistische Gesellschaften zu schaffen, die den Kapitalismus überwinden. In diesen Gesellschaften können sich die Grundlagen für eine neue Gesellschaftsordnung entwickeln, einer Gemeinschaft, in der die Früchte der Arbeit allen Menschen in gleicher Weise zugute kommen, und die Entfremdung der Menschen von ihrer Arbeit, der Gesellschaft, sich selbst und der Natur aufgehoben werden kann. Marxisten sind davon überzeugt, dass die Vorstellung einer solchen – kommunistischen – Gesellschaft keine unerreichbare Utopie, sondern wissenschaftlich abzuleiten ist aus der Analyse der Geschichte und Gegenwart menschlicher Entwicklung, auf der Grundlage der Produktivkraftentwicklung. Im kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem reift das neue – sozialistische – heran.2

Wer als Sozialist diese Auffassung teilt und vielleicht zeitlebens zur Überwindung des Kapitalismus beizutragen strebte, ist heute enttäuscht.

Der Kapitalismus hat weltweit gesiegt. Alle wollen Kapitalismus, Globalisierung und Auslandsinvestitionen. In vielen Gegenden der Welt sind beeindruckende Wachstumszahlen zu verzeichnen, und der Lebensstandard vieler Menschen verbesserte sich stark. Sozialismus schien lange Zeit out zu sein. Weiterlesen

Le Pen und unser Weltbild – Vorschlag für eine Debatte

Wer debattiert mit?

Diana Johnstone schrieb:

„In einem imaginären anderen Kontext hätte ein Mélenchon einen Kompromiss mit Le Pen vorschlagen können, um Macron zu besiegen und ein etwas sozialeres Programm zu verwirklichen. Da sich die beiden in der entscheidenden Frage der Außenpolitik – insbesondere der Vermeidung eines Krieges mit Russland – weitgehend einig waren, wäre es vielleicht möglich gewesen, gemeinsam eine Art „gaullistische“ Politik auszuarbeiten, die den Einfluss der extremen Mitte mit ihrer unerschütterlichen Loyalität zum Atlantischen Bündnis brechen würde. Dies würde nicht zu einer „Enteignung der Macht“ führen, sondern lediglich die Dinge aufrütteln. Es wäre die Wiedereinführung von Alternativen ins politischen Leben. Aber in Wirklichkeit hat Mélenchon die Wahl an Macron abgegeben. Und jetzt will er die Opposition gegen Macron anführen. Aber das tun auch Marine Le Pen und Eric Zemmour.“ (Übers. d. V.)

 

Zu einem evtl. Bündnis zwischen Mélanchon und Le Pen folgen nun Statements*

des linksliberalen,             des sozialistischen und          des anti-imperialistischen Lagers:

                  

*Die Statements sind aus meiner Kenntnis der aktuellen Debatten zusammengestellt. Vermutlich werden sie nirgends in dieser Reinkultur vertreten. Und insofern wird fast jede/r irgendeine Mischung dieser Thesen vertreten. Deswegen muss man ja darüber diskutieren. Über die Plausibilität der jeweiligen Aussagen genauso über die Stimmigkeit des Gesamtbildes.Die Bilder sind einfach nur zum Aufpeppen da.

 

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Durch Pluripolarität zum Sozialismus:

Ein Manifest
Internationale Manifesto-Gruppe
September 2021

Interessanter Ansatz

Hier geht es zum vollständigen englischen Text.

Hier gibt es Informationen zu den Autor*innen

Hier sieht man, wer schon alles unterzeichnet hat

Im Folgenden die Übersetzung des letzten Teils (Hervorhebungen d. Ü.):

Forderungen der Menschen und Völker für einen Sozialismus heute

Der Kapitalismus hat schon vor langer Zeit aufgehört, historisch fortschrittlich zu sein. Die Menschheit steht vor der Aufgabe, die weltumspannende Vergesellschaftung der Produktion seiner Kontrolle zu entreißen, und das an der Schwelle zu einer neuen industriellen Revolution, die Robotik, künstliche Intelligenz, Nanotechnologie, Quantencomputer, Biotechnologie, das Internet der Dinge, 3D-Druck und Ähnliches umfasst. Der Kapitalismus kann sein volles Potenzial nicht entfalten, gleichzeitig setzt sich China an die Spitze, erlangt zunehmend die Kontrolle über seine Standards, sein geistiges Eigentum und die damit verbundenen Renten aus der kapitalistischen Welt und fordert die Cyber-Vorherrschaft des US-Sicherheitsstaates heraus. Weiterlesen