10 Thesen zur Klimapolitik

Nachdem wir schon einen Corona-Diskussions-Thread haben, möchte ich hier nun einen Klima-Diskussions-Thread starten und würde mich über Diskussionsbeiträge und Quellenhinweise freuen. Man könnte an unserem Beitrag sicherlich die Politik der Parteien messen.

1. Die anthropogene globale Erderhitzung ist real und bedrohlich.

Sie verändert dramatisch das Leben aller Menschen auf der Welt wirtschaftlich, ökologisch, politisch und militärisch, unabhängig von dem politischen oder wirtschaftlichen System, in dem sie leben. Sie verursacht eine Zivilisationskrise.

2. Klimapolitik muss Gerechtigkeitspolitik sein.

Die UN hat mit den 17 Nachhaltigkeitszielen formuliert, wie ein gutes Leben für alle Menschen im Einklang mit den natürlichen Lebensgrundlagen auf der Erde aussehen kann. Versuche den Planeten zu retten, ohne den auf ihm lebenden Menschen eine Perspektive zu bieten und ohne Berücksichtigung der ökologischen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur führt zu chaotischen Verhältnissen, die der Planet sicher überleben wird, aber nur ein kleiner Teil der Menschen auf ihm.

3. Klimapolitik muss Friedenspolitik sein.

Das Militär verbraucht jede Menge fossiler Energie.

Kalte und heiße Kriege und Konfrontationspolitik verhindern gemeinsame Lösungsstrategien.

Gelingen keine gemeinsame Lösungen, so werden die Militärmaschinen den verzweifelten Teil der Menschheit mit Gewalt daran hindern, vom Tisch des anderen Teils der Menschheit zu essen. Solche Verhältnisse kann man sich nicht wünschen.

4. Der globalen Erderhitzung können die Menschen nur kollektiv begegnen.

Individuelle Lösungen können im Vergleich zu gesellschaftlichen nicht erfolgreich sein (z.B. öffentliche Verkehrssysteme vs. Elektroautos; Quartiersbezogene Heizungen vs. Einzelheizungen etc.)

Die Staaten der Erde müssen verbindlich zusammenarbeiten, denn sonst werden die CO2 Einsparungen der einen durch den Ausstoß der anderen zunichte gemacht.

Deswegen bedarf es sowohl innen- als auch außenpolitisch breiter Bündnisse zur Bekämpfung der globalen Erwärmung und deren Folgen; diesem Ziel müssen ideologische, politische und wirtschaftliche Differenzen untergeordnet werden.

5. Die notwendige sozial-ökologische Transformation ist ohne Planung auf wissenschaftlicher Grundlage und auf der Höhe der Produktivkräfte nicht zu bewerkstelligen.

Gleichzeitig wird ständig unerforschtes Terrain beschritten und die Umsetzung der Planung erfordert hohe Flexibilität. Nach über 200 Jahren der Nutzung fossiler Energien und weitaus längerem Raubbau an der Natur stehen wir vor einer gigantischen Aufgabe, die in äußerst kurzer Zeit zu bewältigen ist.

6. Das Primat der Politik über die Wirtschaft muss durchgesetzt werden.
Ohne eine starke Rolle des Staates sind die vor uns stehenden Aufgaben nicht zu bewältigen. Der Kapitalismus muss vor sich selbst gerettet werden, sonst ist die Klimakrise nicht zu bewältigen. Der Markt und eine CO2-Bepreisung führen nicht automatisch zur besten klimapolitischen Lösung, grüne Finanzprodukte sichern nicht, dass die Ressourcen wirklich so eingesetzt werden, wie es nötig wäre. Der Markt hat eine Rolle zu spielen, aber in einem zu definierenden Rahmen.

7. Ein Staat kann seine demokratische Legitimation nicht nur über mehr oder weniger funktionierende Institutionen erreichen sondern muss auch liefern.

Er braucht zur Bewältigung der großen Herausforderungen die Unterstützung der Mehrheit der Staatsbürger und muss diese davon überzeugen, dass er in ihrem Sinne handelt: Demokratie und Glaubwürdigkeit. Viele Experten glauben, dass Nationalstaaten das besser hinkriegen können als supranationale Zusammenschlüsse wie z.B. die EU.

8. Klimapolitik braucht eine aktive staatliche Fiskalpolitik: das bedeutet souveräne Finanzpolitik, Wirtschaftsplanung und -förderung.

Die unter Punkt 5 geforderte Planung muss systematisch und zielorientiert umgesetzt werden. Dies ist nur mit einer Vielfalt von staatlichen Instrumenten möglich, z.B. gezielten Schritten zum Erdgasausstieg, der Förderung erneuerbarer Energien, Anregung von Forschungs-, Entwicklungs- und Ausbildungsaktivitäten etc. .Dafür müssen staatliche Gelder fließen. Von der Politik der schwarzen Null ist Abstand zu nehmen. Es geht nicht um das Geld sondern um die Aktivierung und richtige Verteilung aller vorhandenen Ressourcen.

9. Erfolgreiche Klimapolitik braucht starke Strukturen, besonders in den Kommunen

Das Motto ‚Global denken – lokal handeln‘ hat an Wahrheit nichts verloren. In den Kommunen findet die Umsetzung eines Großteils der Maßnahmen statt. Hier werden konkrete Projekte identifiziert, hier vernetzen sich Unternehmen, Behörden und Bürgerinitiativen. Hier müssen die Menschen mit den Folgen der Transformation zurecht kommen. Hier können sie im besten Fall auch direkt und konkret Einfluss nehmen. Aber die Kommunen sind in ihren Handlungsmöglichkeiten extrem eingeschränkt, wenn ihnen dazu nur ihre eigenen Ressourcen zur Verfügung stehen. Zentrale Unterstützung ist entscheidend.

10. In ausgewählten Bereichen ist die Eigentumsfrage zu stellen.

Generell ist zu überdenken, ob Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser, Universitäten und öffentliche Verkehrsmittel, Telekommunikations- und Stromnetze nicht grundsätzlich in öffentliche Hand gehören und damit dem Zwang zur Profiterzielung entzogen werden sollten.

Angesichts der Verteuerung des Wohnens für weite Teile der Bevölkerung stellt sich auch hier die Frage nach einem breiten, öffentlich finanzierten Wohnungsangebot.

 

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