Kann man mit Putin verhandeln?

Gestern erschien bei Makroskop mein Artikel über das Interview mit dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten.

(Hier eine pdf-Version)

Jürgen Habermas plädiert für Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Kriegs, es gäbe aber „bisher keine Anzeichen dafür, dass Putin sich darauf einlassen würde.“1 Zumindest bei Kriegsbeginn war das anders. In die damaligen Friedensverhandlungen gibt das ausführliche Interview mit Naftali Bennett einen wichtigen Einblick.

Gegen den völkerrechtswidrigen Überfall auf einen souveränen Staat hilft nur Gegengewalt. Aus diesem Grund ist die westliche Allianz nicht nur berechtigt, sondern sogar politisch dazu verpflichtet, der Ukraine mit allen ihr möglichen Mitteln beizustehen. Verhandlungen mit dem Aggressor sind nicht zu rechtfertigen. Russland darf nicht siegen.

Diese Auffassung bestimmt die aktuelle politische Diskussion in den westlichen Ländern. Gespräche über einen Waffenstillstand oder gar eine Friedensregelung seien zudem nicht möglich, da es auf keiner Seite die Bereitschaft dazu gäbe.

Derlei Erwägungen hielten den ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett nicht davon ab, sich als Vermittler einzuschalten. Unmittelbar nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine führte er auf Bitte des ukrainischen Präsidenten Selenskij Gespräche mit beiden Kriegsparteien, wie er in einem Interview mit dem Journalisten Hanoch Daum berichtete. Das fast 5–stündige Interview mit dem israelischen Politiker vom 4. Februar 2023 verdient mehr Aufmerksamkeit als es bisher in den Medien bekam. Es kann als historisches Dokument gelten, weil Bennett über 45 Minuten hinweg (2:19 – 3:04) erstmals sehr lebendige Einblicke in seine persönlichen Begegnungen mit dem russischen Präsidenten Putin, vor allem aber in die Verhandlungen gleich in den ersten Kriegswochen gewährt. Schon am zweiten Samstag nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine besuchte er als israelischer Ministerpräsident heimlich (2:49:32) Moskau, um in den Waffenstillstandsverhandlungen zu vermitteln, die in Belarus begonnen hatten, und später in Istanbul fortgesetzt wurden.

Vollständiger Artikel als pdf

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1Jürgen Habermas: Ein Plädoyer für Verhandlungen, Süddeutsche Zeitung, 15.2.23

 

 

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