Position der Partei ‚Die Linke‘ zu NS2 und den Sanktionen gegen Russland

Kommentator qbz hat folgenden Brief an den Parteivorstand der Partei ‚Die Linke‘ geschrieben, den wir mit seinem Einverständnis veröffentlichen:

Hallo Frau Wissler und Herr Schirdewan,

bei Telepolis habe ich gelesen, dass Martin Schirdewan in seinem ZDF-Sommerinterview betont hat: „Die Linke unterstützt die westlichen Sanktionen gegen Russland. Außerdem halte er das Öffnen der Gasleitung Nord Stream 2 für einen Fehler. Mit anderen Worten: Die Linke möchte lediglich, dass die Folgen der westlichen Sanktionen sozial abgefedert werden.“

Mit dieser Position bekommt die PdL niemanden ausser führungstreue Parteimitglieder auf die Strasse im Winter. Die Protestierenden werden sich mehrheitlich den AFD nahen Demos anschliessen.

Ich hoffe, es bilden sich rechtzeitig noch andere Mehrheiten in der PdL oder alternativ stattdessen und viel besser sehr breite un- und überparteiliche Bündnisse von Initiativen und Persönlichkeiten aus dem linken Spektrum, welche die Sanktionen ablehnen, die Öffnung von NS2 verlangen, sich gegen die Schliessung der Pipeline Drushba in Schwedt aussprechen, einen Gas- und Stromdeckelpreis fordern und eine Gewinnsteuer sowie gegen die Aufrüstung (100 Milliarden Sondervermögen) und stattdessen für Sozialausgaben protestieren. Zahlreiche renommierte Volkswirtschafter wie ein Herr Hellmeyer, Herr Beck lehnen die Sanktionen ab und empfehlen die Zertifizierung und Öffnung von NS2.

Mir ist es komplett unverständlich wie die PdL die Wirtschaftssanktionen und die von Biden verordnete Nichtinbetriebnahme von NS2 befürworten kann. Im August 21 betrug der Erdgaspreis in Europa 26.- heute 327.- Euro pro Megawatt, 1157 % Steigerung, in den USA 32.- USD. Über soviel Dummheit in Berlin lacht man in Moskau, wo Russland mehr verdient wie vorher und weniger liefern muss.

Ich bin 75, kleine Rente, Gasheizung, bekomme keine 300.- Euro Energiegeld und erinnere mich: Selbst Helmut Schmidt hat 1981 gegen den Widerstand von Reagan ein Gas-Pipeline-Projekt mit Russland während des kalten Krieges auf den Weg gebracht. Nehmen Sie sich an Helmut Schmidt ein Beispiel!

Zitat aus 1981: „Eineinhalb Stunden lang, freute sich später der liberale Innenminister Gerhart Baum, habe die sonst so gespaltene Koalition »in Gemeinsamkeit geschwelgt«. Dann habe das Kabinett beschlossen, sich auch durch allerheftigste Angriffe (durch die USA-Regierung) am Vollzug des 20-Milliarden-Geschäfts nicht beirren zu lassen.

»Da können andere noch soviel quaken«, faßte der Kanzler die Bonner Haltung zum Gasgeschäft zusammen, »es bleibt dabei.« Und roh belehrte Helmut Schmidt seine amerikanischen Freunde, die Pipeline müsse wohl schon deswegen gebaut werden, damit die Sowjets genug Devisen zusammenbrächten, um ihre Getreideimporte aus Amerika bezahlen zu können.“zitiert aus SPON, 21.03.1982“

Ändert die PdL ihre Position zu den Sanktionen und NS2 nicht, werde ich bestimmt nicht an Protesten teilnehmen, die mit dieser Haltung organisiert werden, sondern nur bei Ablehnung der Sanktionen und NS2-Inbetriebnahme.

Mit sozialistischen Grüssen,

7 Gedanken zu „Position der Partei ‚Die Linke‘ zu NS2 und den Sanktionen gegen Russland

  • Zur Erinnerung hier eine Zusammenfassung der wirklichen Ursachen der hohen Gaspreise.
    Zitat Röper:

    Über die Gründe für die Energiekrise in Europa, die schon lange vor der russischen Intervention in der Ukraine begonnen hat, habe ich oft berichtet, aber der Vollständigkeit halber fasse ich die Gründe hier noch einmal kurz zusammen.

    Erstens: Der Winter 2020/2021 war kalt, weshalb viel Gas verbraucht wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer aufgefüllt werden. Das ist in 2021 ausgeblieben und während die Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent gefüllt sind, waren es in dem Jahr nur knapp 75 Prozent.

    Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von Windenergie am Strommix geführt. Da der Sommer 2021 aber außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher hätte geleitet werden müssen.

    Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien waren die Gaspreise im letzten Sommer noch höher als in Europa und die fest eingeplanten amerikanischen Tanker sind nach Asien gefahren, anstatt nach Europa.

    Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristiger Verträge für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 und mehr Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.

    Über den „zu großen Anteil der Windenergie am Strommix“ kann und muss man streiten. Das ist aber ein eigener Koffer, die Frage nämlich, wie man ein konstantes Stromangebot aus volatilen Erneuerbaren strickt.

    Ansonsten schreibt Röper zu jeder der 5 Pipelines was, und überall ist es die westliche Politik, die zu Problemen führt, und nicht Russlands angebliche Nutzung von Gas als Waffe. OK, bei Nord Stream 1 könne man sich streiten aber da könnte sofort Nord Stream 2 zum Einsatz kommen.

  • Bodo Ramelow gibt Putin die Schuld an den hohen Gaspreisen, findet Sanktionen und Waffenlieferungen richtig, um den „mörderischen Nationalismus“ Russlands zu bekämpfen und ist gegen die Öffnung von Nord Stream 2.
    Demonstrationen sind nur in dem von ihm gesteckten Rahmen legitim, ansonsten rechtsradikal. Sinngemäß sind die Montagsdemonstrierer ‚Radaubrüder‘. Das entsprang in meiner Jugend dem Mund von CDU / CSU Politikern. nach dem Motto:
    „Hier kann jeder machen, was er will – im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, versteht sich.“ Und die definiert Herr Ramelow.
    Siehe hier und hier.
    Ich finde es unerträglich, wenn Politiker*innen und ihre Familien persönlich bedroht werden. Das aber zu vermischen mit den Protestinhalten ist demagogisch. Und zu verlangen, dass wir der Regierung vertrauen sollen, die es schon richten wird, während er gleichzeitig zugibt, dass sozial viel zu wenig getan wird, ist blauäugig.

    Der Ukraine-Krieg hätte vermieden werden können und müssen. Und Deutschland als Garantiemacht des Minsk-Abkommens trägt dafür eine große Verantwortung. Wenn selbst das von einem führenden Politiker der Partei ‚Die Linke‘ nicht zugegeben wird, ist es mehr als traurig.

    • „Bodo Ramelow gibt Putin die Schuld an den hohen Gaspreisen, findet Sanktionen und Waffenlieferungen richtig, um den „mörderischen Nationalismus“ Russlands zu bekämpfen und ist gegen die Öffnung von Nord Stream 2.“

      Bodo Ramelow informiert im Interview Null über die Zusammenhänge der Gas- und Strompreisanstiege seit Ende 2021 und deren Folgen und weist, wie billig, Putin die schuld zu. Das staatsinterventionistische Verbot der Drushba-Pipeline des PCK-Werkes in Schwedt ab 2023, welche 25 % des Rohöls für Deutschland liefert, hat z.B. allein die deutsche Regierung und Herr Habeck zu verantworten. Der gesamte Landkreis mit allen Parteien stellt sich gegen ein Verbot. Aber der Parteivorstand der PdL befürwortet Sanktionen! Ich hätte das nie vermutet, bis ich diese Positionen in den Medien gelesen habe und ich frage mich, welche BeraterInnen der Parteivorstand da hat oder auch nicht, damit diese Beschlüsse zustande kommen. Was sagen denn Leute aus der Rosa-Luxemburg Stiftung dazu, die hoffentlich etwas von Wirtschafts- und Energiepolitik verstehen?

      • Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat dazu ein Dossier verfasst. Ich befürchte aber, dass die die gegenwärtige Problematik nicht in vollem Umfang erfasst haben. Da stehen lauter gute Sachen, aber dass in diesem Winter die Menschen hier frieren und die Industriebetriebe still stehen, während die Menschen in anderen Teilen der Welt hungern und frieren, scheint ihnen nicht so richtig klar zu sein. Dieser Essay kommt mir jedenfalls ziemlich weltfern vor. Die „notwendige Verabschiedung vom russischen Gas“ scheinen sie als Chance für die Energiewende zu sehen. Dazu hat as ja schon was geschrieben.

        • ich hatte mich bei dem Dossier der Rosa-Luxemburg-Stiftung schon umgesehen und die Lektüre enttäuschte. Es fehlen fundierte quantifzierbare Analysen der Energieversorgung in Deutschland einerseits, andererseits im politischen Bereich wird im Prinzip der reaktionäre Mainstream der übernommen, wörtlich in Formulierungen wie „Putins Trassengas“, das vermindert werden solle.

          Heute meldet Gazprom einen Rekordgewinn und hohe Dividenden, während man von Habeck zum 1. Mal hört, dass DE selbst den Gaspreis hochgetrieben hat, indem zu jedem Preis Gas gekauft worden wäre, und parallel warnen sogar die Stadtwerke vor möglichen Insolvenzen.

          Am besten wäre, Scholz, Baerbock und Habeck chillen in Berlin ab und lassen die Zuständigen ohne Staatsboykotte ihre Arbeit verrichten: Zertifizierungsstelle für NS2, Nordstream 2 AG in Zug, Gasprom Deutschland, Gasprom Russland, Siemens Energy, Rosneft in Schwedt, etc. Funktionierende soziale Marktwirtschaft statt Kriegswirtschaft. Und die Energiepreise und die Inflation wären von heute auf morgen rückläufig. 🙂 .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Du kannst diese HTML-Tags und -Attribute verwenden:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>