Linkes Ökonomie- und Staatsverständnis?

Jetzt gibt es viele Diskussionen über die Verluste der Linken. Das sagt Paul Steinhardt:

 Dass nun noch nicht einmal rechnerisch eine rot-rot-grüne Regierung möglich ist, hat sich die Linke allerdings selbst zuzuschreiben. Ihre sozialdemokratische ordnungspolitische Position verträgt sich einfach nicht mit ihrer libertären staatspolitischen Ideologie. Die Linke war daher sicherlich keine Option und ob ihr Wahldebakel sie zu einer Umkehr bewegt, die sie in Zukunft wieder wählbar macht, darf bezweifelt werden.

Wer immer noch grundsätzlich volkswirtschaftliche Vorstellungen nach dem Vorbild der schwäbischen Hausfrau vertritt und meint, das zur Realisierung berechtigter Forderungen notwendige Geld bei Strafe von Inflation nur durch Umverteilung freischaufeln zu können, wer bei den Worten „nationale Interessen“ und „Währungssouveränität“ Pickel bekommt, kann eine alternative Wirtschafts- und Sozialpolitik nicht glaubwürdig vertreten.

Das begründet Steinhardt auch in der
Auseinandersetzung mit Rudolf Hickel, der mal wieder einen MMT-kritischen Aufsatz veröffentlicht hat, sich für Konflikte um die Reichensteuer ausspricht und mit Seitenhieb auf die angebliche Haltung der MMTler zu diesem Thema schreibt:

„Ohne gesellschaftliche und ökonomische Konflikte, also quasi im Schlafwagen die Endstation ökologischen Wohlstands erreichen zu wollen, könnte sich ganz schnell als eine gefährliche Illusion entpuppen.“

Steinhardt antwortet darauf mit einem Zitat von Bill Mitchell, einem der ‚führenden MMT-Köpfe‘:

„Brauchen wir das Geld der Reichen? Nein.

Sollten wir Steuerparadiese schließen? Ja!

Warum? Die Gründe dafür haben in erster Linie mit sozialer Gerechtigkeit, Ungleichheit und der Verteilung politischer Macht zu tun.“

Und er schließt seinen Artikel mit den Worten:

„Hätte Rudolf Hickel Mitchell und Fazis Buch Reclaiming the State gelesen, dann wüsste er, dass gesellschaftliche und soziale Kämpfe für soziale Gerechtigkeit und einen ökologischen Umbau unserer Wirtschaftsordnung notwendig zum Scheitern verurteilt sind, wenn ein Staat nicht über das Geldmonopol verfügt und die damit verbundene Macht bereit ist anzuwenden.“

Es gäbe viel zu diskutieren …

Was Marx dazu zu sagen gehabt hätte, dazu hat Bill Mitchell gerade zwei Blog-Beiträge veröffentlicht. Eine Übersetzung ist in der pipeline.

P.S.:Leider sind die Makroskop-Artikel weitgehend hinter einer Paywall, ebenso wie die der Blätter. Die ökonomischen Realitäten machen es für alternative Medien nicht leicht, Beachtung zu finden.

2 Gedanken zu „Linkes Ökonomie- und Staatsverständnis?

  • Wir brauchen heute das Investitionsprogramm für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft, und der Staat kann das Geld heute bereitstellen (Komplikationen mit der EU sind natürlich vorhanden). Dafür könnte es sogar eine breite bürgerliche Mehrheit geben. Die ist jedenfalls noch realistischer als die Durchsetzung einer Reichensteuer. Wie lange wollen denn Linke warten? Natürlich ist die sinnvoll, aber eben nicht als Voraussetzung für all die heute notwendigen Maßnahmen, siehe z.B. https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/klimaschutz-sofortprogramm/

    • Und wenn die Reichensteuer nicht kommt und weiter aufgerüstet wird, ist dann die Linke an vorderster Front mit dabei, wenn im Sinne künftiger Generationen der Gürtel enger geschnallt werden muss? So etwas muss man dann doch gründlich durchdenken! Und wenn es dann eine Theorie wie MMT gibt, die ganz andere Perspektiven eröffnet, sollte man sich doch wenigstens so mit ihr beschäftigen, dass man sie in den Grundzügen versteht! Dann kann man ja immer noch kritisieren … aber vielleicht ergeben sich auch ganz neue Perspektiven für heute und den Weg in eine Welt, die den Kapitalismus überwindet.

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