Der Ukraine-Krieg soll „Trump-sicher“ werden

Nach den US-Wahlen kam der Sinneswandel: Raketenangriffe auf russisches Staatsgebiet werden der Ukraine jetzt doch gestattet. Russland antwortete umgehend. Die Risiken der neuen Eskalation sind unkalkulierbar.

Hinter der beschleunigten Eskalation könnte die Absicht stehen, die NATO voll in den Konflikt hineinziehen, um so für den neuen US-Präsidenten Donald Trump vollendete Tatsachen zu schaffen. Es wäre dann sehr schwierig für ihn, den Krieg – wie eigentlich beabsichtigt schnell zu beenden. Am 17. September warnten Donald Trump jr. und Robert F. Kennedy jr. in einem in The Hill erschienen Artikel vor einer solchen Eskalation, die direkt in einen Nuklearkrieg führe. Sicher nicht ohne Donald Trumps Wissen und Einverständnis.

Die ukrainische Militärführung verschwendete jedenfalls keine Zeit. Am 19. November wurde das russische Gebiet Brjansk mit sechs ATACM-Raketen (Kostenpunkt 7,2 Millionen US-Dollar) beschossen. Ein zweiter Angriff, bei dem auch britische Storm Shadows eingesetzt wurden, folgte kurze Zeit später. Nach russischer Darstellung sollen fast alle Geschosse abgefangen worden und nur geringer Schaden entstanden sein.

Die russische Antwort ließ nicht auf sich warten. Hier geht es zum vollständigen Artikel, der heute bei Makroskop erschien.

Mehr Sicherheit durch die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in Wiesbaden?

Der Artikel als pdf-Datei.

Der völkerechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa erheblich verschlechtert, argumentiert die Bundesregierung. Das im Juli mit den USA geschlossene Abkommen Deutschlands zur Stationierung von landgestützten Raketen mit strategischen Reichweiten werde unsere Sicherheit verbessern. Es diene zur Abschreckung Russlands von einem Angriff auf Natomitglieder und trage so zur Verhinderung weiterer Kriege auf europäischem Boden bei. Oberst a.D. Wolfgang Richter widerspricht.

Geplant ist die temporäre und später dauerhafte Stationierung einer von fünf Multi-Domain-Task-Forces (MDTFs) in Deutschland. Diese Task Forces sind bewegliche Truppenverbände zur regionalen Kriegführung, die eine integrierte militärische Reaktion auf die unterschiedlichsten Bedrohungsszenarien erlauben. Schon 2017 begannen die USA mit dem Aufbau dieser Verbände, von denen zwei im indo-pazifischen Raum stationiert werden sollten, einer für die Arktis, einer für den Verbleib in den USA (und damit zur flexiblen Verwendung) und der fünfte, der nun nach Wiesbaden kommen soll, für Europa / Afrika vorgesehen war. Die Verbände sind mit verschiedenen landgestützten Raketensystemen ausgerüstet, die mit konventionellen Sprengköpfen ausgestattet werden (theoretisch könnten auch nukleare Sprengköpfe verwendet werden, was aber aktuell ausgeschlossen wurde.): Die sich noch im Entwicklungsstadium befindenden Dark Eagles sind Hyperschallraketen mit der – strategischen – Reichweite von bis zu 2.800 km. Die Tomahawk Marschflugkörper haben die – operative – Reichweite von 1700 – 2.500 km. Deren Abschussbatterien können auch SM-6-Luftabwehrraketen starten, die jedoch bei einer Reichweite von 370 – 460 km auch für Angriffe genutzt werden können. Schließlich gehören noch die HIMARs dazu, die die – taktischen – Reichweiten von 165 – 300 km abdecken, und häufig mit Cluster-Munition bestückt werden. Ein MDTF-Verband kann ohne Nachladen 40-48 Raketen gleichzeitig abschießen.

Die Stationierung solcher Raketen in Europa war bis 2019 nicht möglich, da das INF-Abkommen zwischen den USA und der UdSSR/Russland von 1987 über die Vernichtung aller boden-/landgestützten Nuklearraketen mit mittlerer und kürzerer Reichweite (zwischen 500 und 5500 Kilometer) das verbot. Präsident Trump kündigte das Abkommen im Februar 2019, einen Tag später folgte Russland, sodass das Abkommen im August 2019 auslief.
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Europa und der Ukrainekrieg: Chancen und Herausforderungen für eine zukünftige Friedens- und Sicherheitspolitik

Das ist der Titel des im Juni erschienenen Buches eines Autorenkollektivs herausgegeben von Götz Neuneck. Laut Klappentext vereint das Buch

fünf Aufsätze von Mitgliedern der Studiengruppe „Frieden und Europäische Sicherheit“ der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler, die Informationen und Argumente liefern, um die Komplexität des gegenwärtigen Ukrainekrieges besser zu verstehen, die öffentliche Diskussion zu versachlichen und realistische Optionen für eine Beendigung des Krieges sowie für eine stabile Nachkriegsordnung vorzubereiten.

Die Beiträge sind von Helmut W. Ganser (Brigadegeneral a.D., Diplom-Psychologe und -Politologe), Rüdiger Lüdeking (Botschafter a.D.), Hans-Jochen Luhmann (Senior Expert am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie), Wolfgang Richter (Oberst a.D. und Associate Fellow beim Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik, GCSP) und Jürgen Scheffran (em. Professor für Integrative Geographie der Universität Hamburg).

Der Band endet mit 21 Schlussfolgerungen, die (mit Stand März 2024) das Ergebnis eines intensiven Diskussionsprozesses im Rahmen des Autorenkreises darstellen.

Es folgt eine Zusammenfassung dieser Schlussfolgerungen. Über Kommentare dazu würde ich mich freuen.

21 Schlussfolgerungen der Autoren aus ihrem Buch „Europa und der Ukraine-Krieg“ (Stand März 2024) Weiterlesen

Ukraine-Krieg: Was ist. [Mit update]

In aller Kürze formuliert es Larry Johnson so:

1. Dass Putin ein neues russisches Reich errichten und die Welt erobern will, ist schwachsinnige Propaganda.

2. Westliche Nachrichtendienste spielen die ukrainischen Verluste herunter und übertreiben bei den russischen Toten und Verwundeten gewaltig.

3. Drittens: Schon allein auf der Grundlage von offenem Quellenmaterial lässt sich klar sagen, dass die legitimen Aussichten für die Ukraine, ihr Militär neu zu formieren und Russland wirksam herauszufordern,  gleich NULL sind!

4. Die derzeitige US-Politik verprellt Verbündete und stärkt die multinationale Allianz unter der Führung Russlands und Chinas. Die strategischen Implikationen, die sich daraus ergeben, stellen die Sicherheit der Wirtschaft der Vereinigten Staaten und ihre derzeitige hegemoniale Position in der Welt infrage.

Zum gleichen Thema Alexander Mercouris(Übersetzung von mir):

(Wie er kann und will man eigentlich nicht glauben, was man da beobachten muss)

Vor allem seitens der NATO ist das Ausmaß der Leugnung über die militärische Lage, über die Produktionszahlen von Artilleriegeschossen, über die Wirksamkeit der Luftabwehrraketen, über die Wirksamkeit der Raketenangriffe erstaunlich. Weiterlesen

Welche Umstände führten zum russischen Einmarsch in die Ukraine? Update 18.6.2023

Es passiert öfter, dass bei Moonofalabama hochinteressante Diskussionen stattfinden, es aber sehr mühsam ist, sie durch die Kommentarspalte zu  verfolgen. So auch diesmal.

Dankenswerterweise hat ein Kommentator die Kommentare  zu einer Datei zusammengefasst. Ich denke, so ist eine gute Stoff- und Linksammlung entstanden.

Moonofalabama – Enquiry into Origins and Early Days of SMO (June 2023)

Posted by: Sushi | Jun 1 2023 18:51 utc | 279
„What I now propose is to draft a series on the Past of the SMO, at least the first week, and then post it on MoA, obtain the benefit of the raucous intelligence that inhabits the bar and see if it is possible for us to thrash out a rough history. History is open to alternate interpretations and it should be possible to state alternate interpretations/explanations and the evidence to support each such alternate interpretation.“

Sushi, I was directed to your comment by English Outsider over on AM’s site. As you’ll see from my conversation with him, I think your proposed series on the „Past of the SMO“ is an excellent idea. As a small contribution I’ve gathered what are hopefully all the relevant posts in the threads pointed to by EO into a Word doc. If it’s of any interest, you can find it at this link. Look forward to seeing what comes out of the project. Posted by: Ingolf Eide | Jun 4 2023 5:08 utc | 291

Update:

English Outsider hat nun seine Version, wie ich finde, sehr überzeugende Einschätzung zusammengefasst:

I believe that the Russians were coping adequately with that Western pressure and would have continued to do so, but that they were forced against their will to military action by the immediate and urgent threat to the Donbass. This was, therefore, no „unprovoked“ war. It was provoked by the West …

Hier der vollständige Kommentar:

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Frühstück der Autokraten Teil 1

Quelle: https://t.me/rocknrollgeopolitics/4742

Teil 1: Hier geht es zum 2. Teil

Im Osten formiert sich ein Gegenentwurf zum Nato-dominierten westlichen Modell internationaler Beziehungen. Das ist eine Tatsache, die wir hier – unabhängig ob wir diesen Gegenentwurf für sympathisch halten – zur Kenntnis nehmen sollten.

Wer Osteuropa beherrscht, beherrscht das Kernland.Wer das Kernland beherrscht, beherrscht die Weltinsel. Wer die Weltinsel beherrscht, beherrscht die Welt.  (Sir Halford John Mackinder)

Als Weltinsel definierte Mackinder in seiner Heartland Theorie die zusammenhängenden Kontinente Europa, Asien und Afrika. Wer es schafft, diese riesige Landmasse zu einigen und zu erschließen, stellt die Dominanz der Seemächte infrage; zu seiner Zeit war das Großbritannien, heute die USA.

Wovor der Geograf 1904 warnte, könnte Realität werden. Von der westlichen Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet, ist dieser Einigungs- und Erschließungsprozess heute in vollem Gange. Aktueller Höhepunkt: das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) am 15. und 16. September in der usbekischen Stadt Samarkand, symbolträchtiger Mittelpunkt der historischen Seidenstraße und UNESCO-Welterbestätte. Weiterlesen

Jacques Baud zur Nato

Am 1. Juli erschien im Postil-Magazin ein neues Interview von Thomas Kaiser mit Jacques Baud: The West’s Debacle in Ukraine. Das gesamte Gespräch ist lesenswert. Den Teil zur Nato habe ich mit Hilfe von DeepL übersetzt.

[…]

K: Dass die Realität missverstanden wird, zeigt sich auch im Fall der NATO. Die Verantwortlichen erklären nur zu gerne, dass die NATO den Frieden bewahrt und Freiheit und Sicherheit in Europa garantiert.

JB: Diese Aussagen müssen relativiert werden. Zunächst einmal ist die NATO keine Friedensorganisation. Die NATO ist im Grunde eine Atommacht-Organisation, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte. Das ist der Zweck der NATO – Verbündete unter den nuklearen Schirm zu stellen. Die NATO wurde 1949 gegründet, als es nur zwei Atommächte gab – die USA und die UdSSR. Zu dieser Zeit war eine Organisation wie die NATO gerechtfertigt. Auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs gab es Menschen, die den Krieg wollten. Das war der Fall unter Stalin, aber auch in den Vereinigten Staaten.

TK: Einige westliche Politiker wollten den Krieg fortsetzen? Weiterlesen

Wenn der Westen nicht so bösartig gewesen wäre …

Stellen wir uns vor, wie es hätte sein können, wenn der Westen nicht so bösartig gewesen wäre, sondern so gut, wie viele das damals Anfang der 90er geglaubt haben.

Nehmen wir mal an, Russland wäre so gewesen, wie es war, und hätte sich mit Putin so entwickelt, wie es auch passiert ist, nur ohne die immer schärfere Konfrontation durch die noch zu beschreibenden Bösartigkeiten des Westens.

Was hätte der weniger böse Westen anders gemacht?

  • Die NATO hätte sich nicht nach Osten erweitert, sondern wäre dageblieben, wo sie war, wie es auch damals mündlich versprochen wurde.
  • Der Westen hätte darauf gedrungen, dass in den ehemals sowjetischen Ländern die russischsprachigen und ethnisch russischen Bevölkerungsteile das auch in Westeuropa übliche Recht auf ihre eigenen Sprache als Amtssprache und Unterrichtsprache erhalten, dass sie selbstverständlich gleichberechtigte Staatsbürger sind, und dass sie über die notwendige Autonomie verfügen, bestehende kulturelle und wirtschaftliche Bindungen mit Russland aufgrund der sowjetischen Vergangenheit aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln.
  • Der Westen hätte darauf gedrungen, dass in allen osteuropäischen Ländern neonazistische Parteien, Organisationen, Aktivitäten und Symbole verboten werden, ganz ähnlich wie das auch in anderen westeuropäischen Ländern üblich ist.

Eins ist klar: Den Krieg, den wir heute haben, hätte es nicht gegeben.

Ohne Nato leben

Am 21. Mai fand der hybride Kongress „Ohne Nato leben – Ideen für den Frieden“ statt. Etwas verspätet hier eine Dokumentation (mit Dank an Stephanus). Die Auseinandersetzung mit den Beiträgen lohnt sich.

Programm

Hier einige Videos vom internationalen Podium

Einige Vorträge in Audio:

Oskar Lafontaine, Redebeitrag   /  Vita

Ekkehard Sieker, RedebeitragÜber E.S.

Eugen Drewermann, deutscher Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller.

Norman Paech, Jurist und emeritierter deutscher Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht

Daniela Dahn, deutsche Journalistin, Schriftstellerin und Publizistin.

Was Noam Chomsky über den Ukraine-Konflikt denkt

Dazu erschien gestern ein Artikel im New Statesman:

Noam Chomsky: „Wir nähern uns dem gefährlichsten Punkt in der Geschichte der Menschheit“

Bei truthout.org erschien ein ausführliches Interview mit Chomsky, hier die deutsche Übersetzung.

Hier einige übersetzte Ausschnitte aus dem New-Statesmen Artikel:

Chomsky zur Verurteilung des Krieges:

„Es ist ungeheuerlich für die Ukraine“, sagte er. Wie viele Juden hat auch Chomsky eine familiäre Verbindung zu der Region: Sein Vater wurde in der heutigen Ukraine geboren und emigrierte 1913 in die USA, um dem Dienst in der zaristischen Armee zu entgehen; seine Mutter wurde in Weißrussland geboren. Chomsky, dem von Kritikern oft vorgeworfen wird, er weigere sich, jede antiwestliche Regierung zu verurteilen, verurteilte ohne Zögern die „kriminelle Aggression“ von Wladimir Putin.

Chomsky zu Putins Motiven:

„Warum hat er das getan? Es gibt zwei Arten, diese Frage zu betrachten. Die eine Möglichkeit, die im Westen in Mode ist, besteht darin, die Abgründe von Putins verdrehtem Geist auszuloten und zu versuchen, herauszufinden, was in seiner tiefen Psyche vor sich geht.
Der andere Weg wäre, die Fakten zu betrachten: Weiterlesen