Desorganisierte Eliten

Der Kommentator Sin Fronteras berichtet über den kürzlich verstorbenen Soziologen Richard Lachmann, der zum Thema Eliten, Macht Staat forschte und schrieb.

Seine Kernthesen:

1. Es gibt heute KEINEN einheitlichen oligarchischen Konsens. Früher gab es einen, seine Studie beginnt in den 50er Jahren, aber der Neoliberalismus hat nicht nur alles de-reguliert, sondern auch die oligarchischen Mittel zur Koordination und einheitlichen Politikgestaltung aufgelöst. Es geht also nur noch darum, zu plündern und zu brandschatzen, bevor der Konkurrent einem zuvorkommt.

2. Elitenplünderung schwächt den imperialen Staatsapparat und trägt zu seinem Niedergang bei.

Die US-Gesellschaftsordnung werde weder von einer rechten Agenda vereinnahmt, noch sei sie nach den Prinzipien des Finanzkapitals neu etabliert worden. Stattdessen, so Lachmann, sei sie infolge neuer und ungelöster Konflikte zwischen Eliten, deren Fähigkeiten und Interessen durch die strukturellen Veränderungen in der US-Wirtschaft in den 1970er Jahren neu geformt worden seien, völlig desorganisiert worden.

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Das Ende des Krieges und das Ende des US-Exzeptionalismus

Gefunden bei Naked Capitalism: End of the War, End of US Exceptionalism

Unter dieser Überschrift wurde mit einer Einleitung von Yves Smith John Helmers Besprechung des Buches „Overreach“ von Owen Matthews veröffentlicht, in der er dieses nach allen Regeln der Kunst auseinander nimmt.

Durchzogen werden Einleitung, Artikel und die anschließenden Kommentare mal wieder von der beunruhigenden Frage, wie anhaltendes dysfunktionales Verhalten unserer Eliten und die weitverbreitete Zustimmung, die sie nach wie vor dafür erhalten, zu erklären sind. Jeder kennt die Situationen, in denen uns vertraute Menschen bei einem Thema, bei dem sich Beweise angehäuft haben, die ihrem Glauben widersprechen, völlig aus der Spur geraten, sich weigern, sich mit diesen Beweisen auseinanderzusetzen, sie einfach nicht akzeptieren können und stattdessen um sich schlagen.

Unter anderen fand ich dazu einen Kommentar von Aurelien (mal wieder), den ich übersetzt habe

Ich bin schon seit langem der Meinung und habe in einigen meiner Beiträge die Auffassung vertreten, dass die wirklichen Probleme hier eher psychologischer (und gruppenpsychologischer) als politischer Natur sind. Es gibt Dinge, die wir sowohl auf persönlicher als auch auf institutioneller Ebene einfach nicht glauben können, weil sie außerhalb unseres Bezugsrahmens liegen und deren Konsequenzen, wenn sie wahr wären, zu beängstigend sind.

Noch wichtiger ist, dass, wenn wir Mitglieder von Gruppen sind, die alle dasselbe glauben, und wir uns ständig gegenseitig in unseren Ansichten bestärken, und die weitere Zugehörigkeit zu dieser Gruppe mit Vernunft und dem Wert der in die bisherige Politik investieren versunkenen psychologischen Kosten assoziiert wird.

Wie ich bereits dargelegt habe, denke ich, dass wir eine Art fortschreitenden Nervenzusammenbruch der PMC-Eliten erleben werden, zusammen mit einer Verzögerungsaktion, die darauf hinausläuft, dass (1) wir das nie gesagt haben, (2) OK, wir haben das gesagt, aber es wurde falsch interpretiert, (3) OK, wir haben das gesagt, aber wenn man genau liest, was wir gesagt haben, wurde das schlimmste vorstellbare Ergebnis vermieden, und deshalb haben wir gewonnen und hatten die ganze Zeit recht.

Inwieweit diese Strategie der brutalen Realität der Ereignisse standhalten wird, ist fraglich, denn jedes  heute absehbare Ergebnis des Krieges wird die teleologische Vorstellung torpedieren, dass die Ausbreitung des Liberalismus immer weiter gen Osten unaufhaltsam ist, und ich weiß nicht, ob die Eliten (insbesondere die europäischen, deren Hauptgrund für die Führung des Krieges diese Vorstellung ist) ein solches Ergebnis tatsächlich überleben können.