„Wer soll das bezahlen?“ ist die Frage, auf die Linke häufig nur eine Antwort kennen, wenn es um die Umsetzung sozialer Forderungen geht: die Reichensteuer. Auch wie die erforderliche ökologische Transformation unserer Gesellschaft finanziert werden soll, ist alles andere als geklärt. Die Modern Monetary Theory ermöglicht eine Betrachtungsweise, bei der nicht mehr die Frage „Was können wir uns leisten?“ sondern die Frage „In was für einer Gesellschaft möchten wir leben und was brauchen wir dafür?“ zum Ausgangspunkt politischer Überlegungen wird. Stefanie Kelton, eine der renommierten Vertreterinnen dieser wirtschaftswissenschaftlichen Strömung, berät Bernie Sanders in seiner Präsidentschaftskampagne. Die US-Kongress-Abgeordnete ‚AOC‘ verbindet ihre Forderung nach einem Green New Deal mit der Modern Money Theory. Und diese Theorie gewinnt an Fahrt. Vor kurzem wurde sogar eine Gesetzesinitiative in den US-Kongress eingebracht (Minute 40), über die MMT als Gefahr für die Wirtschaft der USA verurteilt werden soll.
In Deutschland stehen die Autoren des Makroskops um Heiner Flassbeck und Paul Steinhardt dieser Richtung nahe.
Behaupten die MMTler etwa, den magic money tree, das ‚Bäumchen schüttel Dich‘ aus dem Märchen, gefunden zu haben, wie Gegner unterstellen? Nein. Aber sie zeigen, dass ein souveräner Staat ohne Geldhindernisse alle vorhandenen realen Ressourcen ausnutzen kann, die in der eigenen Währung zu haben sind. Über den Sonderfall Eurozone, in der die Staaten ihre Währungs-Souveränität aufgegeben haben, wird noch zu reden sein. Hierzu hat Dirk Ehnts, einer der deutschen MMTler, einen Artikel veröffentlicht (leider hinter einer Bezahlschranke).
Professor Bill Mitchell aus Australien ist ein führender Vertreter der MMT. Er befasst sich in letzter Zeit ausführlich mit dem Green New Deal und hat dazu auf seinem Blog verschiedene Artikel geschrieben. Kürzlich hat er in England einen ausführlichen Vortrag dazu gehalten. Mit seinem Gesamtentwurf der Zusammenhänge Staat – Gesellschaft – Klima – Ökonomie ist er bahnbrechend, und mit seiner Forderung nach einem nationalen Konsens für einen Green New Deal in der aktuellen Debatte absolut notwendig. Denn nicht nur in Deutschland scheint sich ja ein Gegensatz aufzutun zwischen den radikalen Klimaschützern, die den Grünen ungeahnte Stimmenzuwächse bescheren, und denjenigen, die die sozialen Kosten dieser Wende befürchten und sich deswegen der AfD zuwenden. Angesichts dieses Konflikts und der damit zusammenhängenden Appeasement Politik der GroKo (beim Klimaschutzpaket waren nicht nur die Lobbyisten am Werk) drohen wirksame Maßnahmen zu scheitern. Angela Merkel wird nun für den Satz „Wir müssen alle Menschen mitnehmen“ kritisiert, und unser MdB Sören Bartol, der an den Klimapaket-Verhandlungen beteiligt war, sowie Landrätin Kerstin Fründt (der die Windkraftgegner das Leben schwer machen), die als SPD-Mitglieder dasselbe sagen, ebenfalls. Doch während die Groko die Klimaschutzmaßnahmen aus Angst vor Wahlschlappen immer mehr verwässert hat, stellt Bill Mitchell unaufgeregt und durchdacht ein visionäres aber – bei entsprechenden Kräfteverhältnissen – dennoch realisierbares Programm vor, welches er Just Transition for the future nennt.
Ich habe für alle, die der auf YouTube veröffentlichten, englisch-sprachigen Video-Aufzeichnung nicht so gut folgen können oder lieber die Inhalte nachlesen möchten, den Vortrag auf Deutsch zusammengefasst. Dabei orientiere ich mich jeweils an Bill Mitchells Folien, übersetze aber relativ frei und ergänze die Folientexte durch das im Vortrag gesagte.
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