Christian sagt (per Mail) „Die Turbine aus Kanada kommt jetzt angeblich doch wieder (als große Ausnahme) zurück, und die Ukrainer stänkern!“, verweist auf diesen Artikel aus einer russischen Quelle und fragt, was da wohl hinter den Kulissen so alles passiert ist.
Ich nehme das als Anlass, etwas zu spekulieren und einige Vorhersagen zu machen.
Die Turbine kommt zurück aufgrund einer heftigen diplomatischen Aktivität Deutschlands, die dazu geführt hat, dass eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird, die es Kanada ermöglicht, ganz legal die Turbine zurückzugeben.
Die deutsche Regierung hat das gemacht, weil ihnen der Arsch auf Grundeis geht. Bis heute hat man in der deutschen Öffentlichkeit noch gar nicht richtig begriffen, welche einschneidenden Folgen das Abklemmen des russischen Gas für die deutsche Wirtschaft und den deutschen Verbraucher hätte. Die politischen Folgen einer solchen Disruption wären völlig unkalkulierbar. Schon jetzt gehen die Zustimmungswerte für die bedingungslose Parteinahme für die Ukraine deutlich zurück. Man ist bereit sehr viel dafür zu tun, dass es nicht zu diesem Äußersten kommt, aber der Schein der Solidarität mit der Ukraine soll unbedingt gewahrt werden. Der Bürger soll letztendlich weder aus seiner wurschtigen Haltung, dass alles wohl nicht so schlimm kommen wird, aufgeschreckt werden, noch aus dem Gefühl, moralisch auf der richtigen Seite zu stehen.
Russland macht dabei mit. Vermutlich ging es bei dem Spiel mit der zu wartenden Turbine darum, den Deutschen einen ordentlichen Schrecken einzujagen, aber ohne von dem Kurs des immer zuverlässigen Lieferanten von Gas und Öl abzugehen. Damit hat man immer auch zumindest implizit einen großen Teil der Deutschen hinter sich, die sich auch weiterhin sagen können, die Russen liefern doch, warum sollen wir für die Ukraine darben.
Wenn es dann im weiteren Verlauf auch dem Letzten dämmert, dass die Russen am deutlich längeren Hebel sitzen und die Ukraine keine Chance hat, die Russen aus den bisher besetzten Gebieten zu vertreiben – auch nicht mit noch weitgehenderen Unterstützung aus dem Westen – werden die Deutschen immer noch brav beliefert und müssen nicht auf die warme Dusche und die warme Stube verzichten. Die Chemieindustrie kann weitermachen. Außerdem wird es zum Allgemeingut, dass die westlichen Sanktionen Russland nicht in die Knie zwingen können und dass Russland weltweit weder ökonomisch noch politisch isoliert ist.
In dieser Situation eine weitere militärische Eskalation ins Auge zu fassen wird schwierig. Denn es wäre ja offensichtlich, dass die Russen ja immer noch die Option hätten, ihrerseits schwerste Sanktionen gegen westliche Staaten in die Wege zu leiten, obwohl der Westen schon längst sein ganzes Pulver verschossen hat. Zum Beispiel umfassende Exportverbote für fossile Energien und andere Rohstoffe wie Titan, Aluminium, Weizen, Düngemittel usw. an unfreundliche Länder. Dem deutschen Exportmodell, das ja jetzt schon schwer angeschlagen ist, könnte das den Rest geben.
Die Russen haben ein Interesse daran, dass der Westen eine sanfte Landung hinbekommt. Es soll alles langsam und durchwachsen zugehen, keine Ultimaten. Auch wenn es Verhandlungen gibt, sollen die sich über eine lange Zeit hinziehen, immer verzahnt mit wirtschaftlichen und militärischen Entwicklungen. Ganz langsam soll der Westen die Gelegenheit erhalten, von seinem hohen Ross abzusteigen. Es soll möglichst keine Panik ausbrechen. Es macht nichts, wenn ein Teil der westlichen Eliten sich in Illusionen über ihre Überlegenheit ergehen, wenn zugleich auf dem Boden unerbittlich materielle Realitäten geschaffen werden.
Meine Vorhersagen:
- Wir werden uns durch den nächsten Winter wurschteln – ohne die ganz große Disruption – auf der Basis einer deutsch-russischen Kollusion hinter den Kulissen. Das Gas wird weiter fließen, wenn auch etwas reduziert. (Nebenbei: auch die Ukraine wird weiter mit Gas aus Russland beliefert, durch den Umweg über Ungarn.)
- Russland wird in diesem Jahr den Donbass militärisch besetzen. Der Kern der ukrainischen Streitkräfte wird dabei aufgerieben. Der Beschuss von Donezk wird aufhören.
- Die besetzten Gebiete werden ökonomisch konsolidiert. Die Korruption wird reduziert. Die wirtschaftliche Situation dort verbessert sich, so dass nach und nach auch die jüngeren Leute zurückkommen.
- Die Russen werden keinerlei Aufbau einer schlagkräftigen Truppe in der Ukraine durch den Westen dulden. Das heißt, die Angriffe auf militärische Ziele in der gesamten Ukraine gehen weiter.
- Die Russen werden kein Friedensabkommen von sich aus anbieten. Sie werden warten, bis die Ukraine sich wieder verhandlungsbereit erklärt.
us sagt:
Eurasia & Multipolarity berichtet:
The EU will eventually throw Ukraine under the bus…
@tsargradtv (https://t.me/tsargradtv/19743)
qbz sagt:
Da wird gar nichts passieren mit Nord Stream 2. Biden hat Scholz bei seinem Besuch entsprechend instruiert. Und formal ist die Betreiberfirma in Zug (Steuerparadieskanton in der CH) faktisch insolvent, hat alle Mitarbeiter entlassen und ist geschlossen infolge der Geldtransfersanktionen und die Leitung selbst bräuchte in DE technisch ein Genehmigungs- und Zulassungsverfahren. Gegen die politischen Entscheidungen kann niemals Inbetriebnahme erfolgen.
us sagt:
Das steht bei RT:
Qbz sagt:
Ich weiß. Die Firma hat aber alle Beschäftigte entlassen. Und in Deutschland gibt es noch keine technische Prüfung für die Inbetriebnahme.
qbz sagt:
Deutschland und die EU bereiten sich mit der wirtschaftlichen Abkopplung von Russland und der verordneten von Russland unabhängigen Rohstoffversorgung sowie dem Abbruch der meisten wirtschaftlichen Kontakte zu Russland und der Isolierung Russlands auf die Möglichkeit eines Krieges mit Russland vor. Man will eine Art von wirtschaftlicher Versorgung erzwingen, welche im Kriegsfall ohne Russland funktioniert. Zu Beginn des Ukrainekrieges wollte die NATO unter anderem auch deswegen nicht direkt eingreifen, weil die EU-Länder und ihre Wirtschaft für einen Krieg gegen Russland nicht vorbereitet teilweise von Russland abhängig sind. Eine wirtschaftliche Kriegsfähigkeit soll in DE / EU mit der Aufrüstung (1oo Milliarden Schulden für Rüstung) und dem Abbruch der wirtschaftlichen Abhängigkeiten von Russland so schnell wie möglich erzwungen werden. Allein in einem solchen Kontext ergeben die Sanktionsbeschlüsse, die Aufrüstung und das industrielle Hochfahren der Rüstungsindustrie für den Krieg gegen Russland, die Gasnotfallpläne, das Katzbuckeln bei den Scheichs, die Aufhebung der Sanktionen gegen Iran und Venezuela einen logischen Sinn. Vorausetzung einer Kriegswirtschaft ist die möglichst unabhängige, autarke Rohstoffversorgung und die wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Kriegsgegner. Ein anderes Merkmal ist die Verschuldung für Rüstung (Sondervermögen) und die Schaffung einer industriellen Kriegsproduktion. Die NATO-Länder wissen natürlich, dass ein nur von der NATO getragenes Energieembargo der Wirtschaft Russlands nur begrenzt schadet und sie machen es trotzdem, weil es für eine Kriegswirtschaft notwendig ist.
as sagt:
In meinem Beitrag ging es weniger um eine langfristige Strategie als um das, was im Laufe der nächsten Monate und des kommenden Jahres passiert. Zum einen wird immer deutlicher werden, dass erstens der Westen militärisch in der Ukraine eine Niederlage erleidet, dass zweitens die Sanktionen den Westen selbst viel mehr schaden als Russland und dass drittens der Westen sich international immer stärker isoliert. In diesem Kontext denke ich, dass Deutschland sich weiter durchwurschteln wird und sich nicht trauen wird, von sich aus einen radikalen Schnitt zu machen, indem es plötzliche auf alle russische Gas- und Ölimporte verzichtet. Dennoch werden die Schmerzen auch so schon groß sein. Der Exportüberschuss ist schon jetzt dahin. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit leidet und wird weiter sinken.
Natürlich gibt es die Möglichkeit der militärischen Eskalation. Der Westen kann Angriffswaffen liefern, die es der Ukraine ermöglicht, stärker Russland selbst anzugreifen. Das könnte soweit gehen, dass Russland seinerseits ein- oder mehrere westliche Länder als Kriegsbeteiligte ansieht und entsprechende Angriffe startet. Bis jetzt sieht es aber so aus, dass keiner im Westen das will. Auch in diesem Fall hätte Russland ja noch viele für den Westen sehr schmerzhafte wirtschaftliche und militärische Optionen. In Europa ginge es noch schneller bergab. Deshalb ist die Eskalationsgefahr zwar gegeben, aber die Bereitschaft des Westens diesen Weg zu gehen aber letztendlich doch ziemlich gering. Irgendwann muss der Westen akzeptieren, dass sich die Welt fundamental verändert hat.
qbz sagt:
Ich finde ja Deine Prognosen auch sehr wahrscheinlich. Trotzdem beunruhigt mich der politische Druck und Zwang, mit der DE bei den Rohstoffen trotz der hohen eigenen Kosten schnell von Russland unabhängig werden will (Kriegswirtschaft). Ich kann mir Eskalationsszenarien (false Flag Vorfälle) vorstellen, bei denen NATO-Truppen in der Ukraine in den Krieg eingreifen könnten, zumal die ukrainische Regierung ein Eingreifen schon gefordert haben. Vor allem traue ich da den USA nicht.
qbz sagt:
Kanada liefert, schickt die Turbine zu einer Firma in Deutschland, die sie nach Russland weiterschickt, obwohl die Turbine aus Russland kam und auch für eine Pipeline in Russland gebraucht wird. Wie im Kindergarten! Wer will als Unternehmen noch in Europa produzieren, wo einem ständig der Staat im Nacken sitzt und die Firmen aufpassen müssen, dass keines ihrer Produkte direkt oder über Umwege in Russland landet. Die Türkei und viele andere Länder freuen sich …..