Kommentator Bevin bringt es wieder einmal auf den Punkt:
History suggests that when people cannot afford to eat or keep themselves warm they get very angry and act spontaneously. There is no need of any political party to direct them.
No doubt current society is, as you say, unusually calmed by the ruling class’s monopoly of the media but while this might moderate or mitigate popular reaction to governmental failure it won’t cancel it.
There are only two alternatives: people will demand an end to the sanctions regime or an immediate conquest of Russia and its allies.
One day people will look back in wonder at the way in which the silly women, and men, leading Die Linke completely missed the opportunities that existed to upset the establishment, in order to preen their ID political ideas.
(Hervorhebung von mir)
Aber es geht bei weitem nicht nur um Identitätspolitik sondern um die Einschätzung der geopolitischen Lage, von mir aus auch um den Charakter und den Stand der Klassenauseinandersetzungen, insbesondere die Beschreibung Russlands als aggressive, imperialistische, absteigende Macht.
Michael Hudson charakterisiert den Hauptwiderspruch heute so:
Kurz gesagt handelt es sich um einen Konflikt zwischen zwei verschiedenen Gesellschaftssystemen, von denen jedes seine eigene Philosophie darüber hat, wie Gesellschaften funktionieren. Werden die Systeme von den neoliberalen Finanzzentren in New York geplant und von den Neokonservativen in Washington unterstützt, oder werden sie die Art von Sozialismus sein, die sich das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert vorstellte – ein ‚Markt‘ und in der Tat eine Gesellschaft frei von Rentiers? Werden natürliche Monopole wie Grund und Boden und natürliche Ressourcen vergesellschaftet und zur Finanzierung von Wachstum und Wohnungsbau im Inland genutzt oder werden sie den Finanzinteressen überlassen, die die Pacht in Zinszahlungen verwandeln, die das Einkommen von Verbrauchern und Unternehmen aufzehren? Und vor allem: Werden die Regierungen ihr eigenes Geld schaffen und das Bankwesen steuern, um den Wohlstand im Lande zu fördern, oder werden sie zulassen, dass private Banken (deren finanzielle Interessen von den Zentralbanken vertreten werden) die Kontrolle über die nationalen Staatskassen an sich reißen?“
Übersetzt von us mit www.DeepL.com/Translator
Diese Auseinandersetzung tobt(e) auch in Russland, wo auch heute noch von einflussreichen Ökonomen neoklassische Vorstellungen vertreten werden. Die wichtigen Gegner Putins werfen ihm doch gerade vor, sich wirtschaftspolitisch zu stark an solchen Vorstellungen zu orientieren. Dadurch aber, dass er den kompletten Ausverkauf der russischen Wirtschaft an westliche Multis verhinderte, und später durch die Sanktionen wurde das Land immer stärker ins oppositionelle Lager gedrängt. Es ist absurd zu glauben, jemand habe nach der Wende einen Reset-Knopf gedrückt und das heutige Russland sei zum Russland vor 1917 geworden. Auch die EU-Staaten befinden sich im Vergleich zur Zeit vor dem ersten Weltkrieg heute in einer völlig anderen Situation.
us sagt:
Oder ist es etwa so wie Slavoj Žižek es sieht?
Quelle, übersetzt von us mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)
Ich neige dazu dem Kommentator aquadraht zuzustimmen, der schreibt
Mir scheint jedoch, dass man sich doch stärker mit dieser Position auseinandersetzten muss, weil Zizek damit nicht alleine steht.
Angefangen damit, dass wir den Krieg nicht durch unsere Öl- und Gaseinkäufe finanzieren bis hin, dass es sehr reale Gründe für den russischen Patriotismus gibt.
qbz sagt:
Ich kann mich inhaltlich weder Hudson noch Slavoj Žižek anschliessen.
Zu Žižek: Ob man russische Oligarchen jetzt als Lumbenbeourgoise oder als Philantropenbourgeoise bezeichnet, scheint mir für die ökonomische Rolle, die sie innerhalb eines kapitalistischen Systems einnehmen, quasi als Charaktermaske für das Kapital, komplett egal zu sein.
Anders verhält es sich, wenn man auf die Analyse der politischen Fraktionen wechselt, da spielt es eine gewisse Rolle, mit wem sich die jeweiligen Teile der Kapitalbourgeosie verbünden (z.B. Trump, Biden oder in Russland mit Putin, Partei einiges Vaterland oder Nawalny oder ……). Ob Žižek da so differenziert, sieht man anhand des Zitates nicht, wo er pauschal von „den russischen Oligarchen“ spricht.
Zu Hudson:
Auf die Problematik seines wirtschaftlichen Theorie-Ansatzes (Dichotomie zwischem produktivem versus Finanzkapital) habe ich schon hingewiesen. Empirisch sehe ich wenig Anzeichen, dass China oder Russland quasi eine industriell basierende Produktion haben ohne den Einfluss von Finanzkapital und Renten. In Russland stützte die Zentralbank den Rubel mit über 20 % Leitzins, jetzt noch 9 % Leitzins. Die offizielle Inflation beträgt auch ca. 8-9 % . Die Banken (allerdings ist die grösste, weltweit expandierende Sberbank mehrheitlich in staatlichem Besitz) besitzen einen sehr, sehr grossen Einfluss in der Wirtschaft, kein Wunder bei diesen Zinssätzen, die sich natürlich z.B. auf die Hypotheken, den Neubau, Innovationen auswirken. Der westliche Wirtschaftskrieg beendet die Expansion der russischen halbstaatlichen Monopole wie Sberbank, Gazprom, Rosneft (!) u.a. in den westlichen Ländern, die alle nach den Regeln der Wallstreet global funktionierten.
Im Falle von China ist die chinesische Expansion auf der Welt (Seidenstrassenpolitik) natürlich durch das chinesische, nationale und private Finanzkapital begleitet und unterstützt, welches einen sehr starken, mächtigen Sektor in China darstellt, so dass mir die Unterscheidung von Hudson bei China überhaupt nicht nachvollziehbar erscheint, zumal einige aus der jetzigen chinesischen Führungsgeneration in den USA Wirtschaft studiert haben.
Als Beispiel: Sri Lanka ging im Mai unter anderem (nicht nur natürlich) wegen der hohen Öl- und Lebensmittelpreise Pleite bzw. konnte die fälligen Anleihen nicht bedienen, obwohl der grösste Schuldner China ist. Und das Land hat jetzt die Hilfe vom IWF beantragt. Der mit chinesischen Krediten gebaute Hafen in Colombo musste übrigens wegen Insolvenz für 99 Jahre im Gegenzug an einen chinesischen Geschäftsmann verpachtet werden.
Ich sehe keinen Grund, Chinas oder Russlands wirtschaftliches System im Sinne von Hudsons problematischer Zweiteilung zu „idealisieren“. China und Russland ziehen die gleichen „kapitalistischen“ Gewinne aus anderen Ländern wie die USA und schützen ihre Monopole so wie auch die USA (siehe Huawei Verbot) das tut.
qbz sagt:
Korrektur zu Sri Lanka: „obwohl der grösste Schuldner China ist“. „Gläubiger“ statt „Schuldner“ wäre korrekt. 😉