Memo an Europa: Hier ist Deine Chance – Nutze sie!

Der bekannte Politikwissenschaftler John Mearsheimer sagte vor ein paar Tagen: „Die Gletscherplatten der Geopolitik verschieben sich.“ Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Als Europäer mag man es als starkes Stück empfinden, wenn man von einem US-Vizepräsidenten für eine Politik kritisiert wird, die einem seit mehr als 20 Jahren von seinen Vorgängerregierungen mehr oder weniger aufgezwungen wurde. Aber: Die Europäer haben diese Politik willfährig mitgetragen, zum Teil wider besseres Wissen. Vermutlich erlagen sie auch der fatalen Fehleinschätzung, man sei – zusammen mit den USA – der russischen „Tankstelle mit Atomwaffen“ weit überlegen. So gab man nach und nach die Entspannungspolitik auf, der wir die Wiedervereinigung verdanken. Und das industrielle Geschäfts- (und Energiewende-)Modell, das auf guten Beziehungen zu Russland und dem Bezug günstigen Pipeline-Gases beruhte, ebenfalls. Weiterlesen

18. Februar 2025: Ready to Rumble

… wie Pepe Escobar es ausdrückt.

🇷🇺🇺🇸⚡️Negotiations between Russian and US delegations began in Saudi Arabia

The following are participating on the Russian side:

— Foreign Minister Sergei Lavrov;

— Assistant to the President of the Russian Federation Yuri Ushakov.

From the US side:

— US Secretary of State Marco Rubio;

— National Security Advisor Mike Waltz;

— White House Special Representative for the Middle East Steve Witkoff.

 

 

 

 

 

 

Der große TikTok Disput

Der folgende Artikel erschien heute bei Makroskop in Anspielung an den Begriff „Minsky-Moment“ unter dem Titel „Der große Tiktok Moment“. (Ein Minsky-Moment ist der Zeitpunkt, an dem die Wirtschaft zusammen- und eine schwere Krise ausbricht.) Der bessere Titel wäre jedoch „Der große Xiaohongshu Moment“. Wie auch immer – Es ist jedenfalls interessant zu beobachten, wie der Versuch der US-Gesetzgeber, ihre Bürger vor Cyber-Angriffen und chinesischer Propaganda zu schützen, nach hinten losging – und in einem großen Fest der Völkerverständigung endete. Es gibt sogar schon die passende Hymne. 

Ob die Vertrauenskrise systemrelevant wird, bleibt abzuwarten. Ob sich die Bürger beider Länder nach dieser Erfahrung wieder vollständig voneinander abschotten lassen werden, ist fraglich.

Hier geht es zum vollständigen Artikel.

Ein Putinversteher will Präsident der Ukraine werden

Für die einen galt er als enger Vertrauter des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, für die anderen war er Propagandachef oder Spin Doctor. Oleksij Mykolajowytsch Arestowytsch, ukrainischer Politiker im Offiziersrang, war bis zum Januar 2023 Regierungsberater und zuständig für strategische Kommunikation im Bereich der nationalen Sicherheit und Verteidigung. Durch seine täglichen Lageberichte zum Ukrainekrieg (schon 2019 hatte er den russischen Angriff vorausgesagt), aber auch über die sozialen Medien (allein sein YouTube-Kanal hat 1,8 Millionen Follower) wurde er national und international populär. Weniger bekannt ist, dass der 49-jährige auch Theologie studierte und eine erfolgreiche internationale Schule für künftige Führungskräfte betreibt (die Unterrichtssprache ist russisch).

In einem – bisher eher seltenen – Interview für den angel-sächsischen Raum[1] am 23. Dezember 2024 korrigiert er das Bild seiner Selenskyj-Nähe. Ganz im Gegenteil sei er schon lange ein scharfer Kritiker des ukrainischen Präsidenten gewesen, lässt er seinen Gastgeber Patrick Bet-David wissen. Und nun will er Präsident der Ukraine werden und sich für eine europäische Sicherheitsordnung einsetzen, die die Interessen Moskaus berücksichtigt. Hier gehts zum vollständigen Artikel, der diese Woche bei Makroskop erschien.

 

Wahrheit und Macht

Dazu einige übersetzte Ausschnitte aus einem Artikel von Abby Cartus: Candle in the Wind (der ganze Text ist lesenswert).

„Eine der traurigsten Lehren der Geschichte ist diese: Wenn wir lange genug getäuscht worden sind, neigen wir dazu, jeden Beweis für die Täuschung abzulehnen. Wir sind nicht mehr daran interessiert, die Wahrheit herauszufinden. Der Schwindel hat uns gefangen genommen. Es ist einfach zu schmerzhaft, sich einzugestehen, dass man uns betrogen hat, selbst uns selbst gegenüber. Wenn man einem Scharlatan einmal Macht über sich gegeben hat, bekommt man sie fast nie wieder zurück.“ Carl Sagan: The Demon-Haunted World: Science as a Candle in the Dark (1995)

[…]

Um dem zu begegnen, entwickelte Sagan ein „Kit zur Erkennung von Schwachsinn“. Das ist im Wesentlichen eine popularisierte wissenschaftliche Methode, die der Leser anwenden kann, um echte Wissenschaft von Pseudowissenschaft und Hokuspokus zu unterscheiden, die Logik zu nutzen, um Aberglauben zu entlarven und schließlich das kleine Licht, der Vernunft gegen die bedrückende, eindringende Dunkelheit der Unwissenheit und des Wahns wachsen zu lassen. […]

Aber diese Art von „scicomm“ funktioniert … nicht wirklich … Weiterlesen

Kriegs- oder Friedenslogik?

Michael von der Schulenburg mit deutlichen Worten:

Die UNO-Charta folgt der Friedenslogik: Es gibt keine gerechten oder ungerechten Kriege, es geht nicht darum, wer angefangen hat. Es geht darum, die gewaltsame Austragung von Konflikten zu verhindern. Und, wenn sie schon begonnen hat, so schnell wir möglich zu verhandeln und darüber die zugrunde liegenden Ursachen zu begreifen und anzupacken.

Dem stellt er die Wolfowitz-Doktrin entgegen, die für ihn die Kriegslogik repräsentiert. Laut Wikipedia wurde das Konzept „bei der internationalen Debatte über die Außen- und Sicherheitspolitik der USA, die auf die Veröffentlichung folgte, weithin als imperialistisch bewertet, da es den Unilateralismus als politisches Ziel darstellt und präventive, bzw. präemtive Militärschläge befürwortete, um mögliche Gefahren von anderen Ländern zu unterdrücken und andere Länder, darunter namentlich Russland, Deutschland, Japan und Indien, daran zu hindern, eine hegemoniale Stellung zu gewinnen.“ [Notiz am Rande: Laut Wikipedia profilierte Joseph Biden sich damals als einer der schärfsten Kritiker, da Wolfowitz damit die Bündnispartner verschrecke, sicher nicht wegen des US-Hegemonieanspruchs an sich.]

Das Friedenslogik ist Teil jedes Pädagogik-Curriculums und man lernt sie in jedem Mediationskurs. Warum wir uns damit in Bezug auf internationale Beziehungen so schwer tun, ist kaum zu begreifen. Ansonsten – wenn es nicht nur „immer wieder die Amerikaner, die an allem Schuld sind“ sein soll – läge „the proof in the pudding“. Verhandlungen werden vorgeschlagen. Dann würde man ja sehen, wer (nicht) mitmacht. Und das haben wir ja im Ukraine-Krieg auch gesehen.

Der Ukraine-Krieg soll „Trump-sicher“ werden

Nach den US-Wahlen kam der Sinneswandel: Raketenangriffe auf russisches Staatsgebiet werden der Ukraine jetzt doch gestattet. Russland antwortete umgehend. Die Risiken der neuen Eskalation sind unkalkulierbar.

Hinter der beschleunigten Eskalation könnte die Absicht stehen, die NATO voll in den Konflikt hineinziehen, um so für den neuen US-Präsidenten Donald Trump vollendete Tatsachen zu schaffen. Es wäre dann sehr schwierig für ihn, den Krieg – wie eigentlich beabsichtigt schnell zu beenden. Am 17. September warnten Donald Trump jr. und Robert F. Kennedy jr. in einem in The Hill erschienen Artikel vor einer solchen Eskalation, die direkt in einen Nuklearkrieg führe. Sicher nicht ohne Donald Trumps Wissen und Einverständnis.

Die ukrainische Militärführung verschwendete jedenfalls keine Zeit. Am 19. November wurde das russische Gebiet Brjansk mit sechs ATACM-Raketen (Kostenpunkt 7,2 Millionen US-Dollar) beschossen. Ein zweiter Angriff, bei dem auch britische Storm Shadows eingesetzt wurden, folgte kurze Zeit später. Nach russischer Darstellung sollen fast alle Geschosse abgefangen worden und nur geringer Schaden entstanden sein.

Die russische Antwort ließ nicht auf sich warten. Hier geht es zum vollständigen Artikel, der heute bei Makroskop erschien.

Neue Eskalationsstufe im Ukrainekrieg

Pressemitteilung

Gemeinsames Handeln erforderlich, um Europa vor einer Katastrophe zu bewahren

Der Krieg in der Ukraine ist nun in eine neue und gefährliche Eskalationsspirale eingetreten, die größte Risiken für Europa birgt“, erklärt Michael von der Schulenburg, ehemaliger UN Assistent Generalsekretär und amtierender Europaabgeordnete des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) heute als Reaktion auf Berichte, dass die Ukraine Langstreckenraketen der USA und Großbritanniens auf Russland abgefeuert habe und Russland mit einer neuartigen Mittelstreckenrakete auf Ziele in der Ukraine reagiert habe.

Präsident Biden hatte sich wiederholt geweigert, Angriffe auf Russland mit von den USA und Großbritannien gelieferten Langstreckenraketen zu genehmigen, um, wie er selbst sagte, einen Dritten Weltkrieg zu vermeiden. Alle derartigen Beschränkungen nun aufzuheben, ist in höchstem Maße unverantwortlich. Biden ist offenbar der Meinung, dass es das Risiko wert ist, ganz Europa in einem nuklearen Chaos zu zerstören, wenn man den Krieg in der Ukraine nicht verlieren will.“

Es ist ganz klar, dass die scheidende US-Regierung diese Entscheidung getroffen hat, um der neuen Trump-Regierung Knüppel zwischen die Beine zu werfen und somit den Frieden in der Ukraine – und in Europa – in weite Ferne zu rücken.“

Schulenburg appelliert an seine Kollegen im Europäischen Parlament: „Wir befinden uns in der vielleicht gefährlichsten Phase dieses Krieges und müssen die Warnung der Vereinten Nationen ernst nehmen, dass sich die Situation in die falsche Richtung entwickelt. Die oberste Pflicht jedes Abgeordneten muss es jetzt sein, die Menschen in Europa vor Schaden zu bewahren. Vergessen wir unsere politischen Differenzen und handeln wir gemeinsam, um eine Katastrophe zu verhindern. Es ist höchste Zeit, dass wir uns mit Nachdruck für eine Politik der Deeskalation einsetzen und einen sofortigen Waffenstillstand fordern.“

Brüssel, den 22. November 2024

(V.i.S.d.P: Michael von der Schulenburg)

Für Nachfragen wenden Sie sich gerne an: michael.vonderschulenburg@europarl.europa.eu

Erhellend dazu schreibt Larry Johnson: Weiterlesen

Gibt es in den USA eine Alternative zur Wahl des „kleineren Übels“?

Warum etliche Wähler in den USA sich wahrscheinlich nicht für die Wahl einer der „Unipartys“ entscheiden können, habe ich in dem Artikel dargestellt, der heute auf Makroskop erschien.

Soll man den „weltbesten Bandenchef“ oder lieber die in den demokratischen Vorwahlen von 2020 unbeliebteste demokratische Kandidatin wählen? Jill Stein und ihr running mate Butch Ware stehen für eine alternative Politik – innen- und außenpolitisch. Hier findet man die grundsätzlichen Vorstellungen  der Ökonomen Radhika Desai und Michael Hudson – Mitglieder des Berater-Teams um die Präsidentschaftskandidatin – zur Finanz- und Fiskalpolitik.

Und hier der Artikel als pdf-Datei.

 

Der Globale Süden als Friedensstifter?

Heute erschien bei Makroskop mein Artikel „Der Globale Süden als Friedensstifter?“ über die von China und Brasilien angestoßene Friedensinititive.

Der Ukraine-Krieg ist nicht nur für Europa eine Katastrophe. Auch viele Länder des „Globalen Südens“ sind von den Folgen betroffen. Das ist der Hintergrund für das von China und Brasilien am Rande der UN-Vollversammlung initiierte Treffen zur Bekräftigung ihres „Gemeinsamen Vorschlags für Friedensverhandlungen unter Beteiligung von Russland und der Ukraine“ vom Mai 2024. Von den siebzehn Staaten, die an dem Treffen teilnahmen, unterzeichneten zwölf am 27. September ein gemeinsames Neun-Punkte-Kommuniqué. Unter anderem ist in dem Beschluss festgeschrieben, im Rahmen der Vereinten Nationen eine Gruppe von „Freunden für den Frieden“ zu bilden. Der Chef-Sprecher des Schweizer Außenministeriums, das Beobachter zu dem Treffen entsandt hatte, begrüßte den Vorstoß. Zum gesamten Artikel: 241009-Der-globale-suden-als-friedensstifter

Die Ereignisse haben den Artikel schon überholt: Sowohl das dort erwähnte für den 12. Oktober geplannte Rammstein-Treffen, als auch die für November geplante Friedenskonferenz, die als Fortsetzung für das Treffen in der Schweiz geplant war, wurden abgesagt. Dazu Alexander Mercouris:

It looks to me that this announcement to postpone the peace conference is connected to the American decision to postpone the Ramstein meeting as well. It looks as if the Americans have decided to clear the decks to put everything back perhaps to next year rather than to be pushed into further diplomatic expeditions and moves and to decide and to be put into a position where they’d be under pressure to make further commitments to Ukraine that they don’t want to make. If I am right in thinking this, and I suspect I am, then even as Ukraine reels from one defeat to the other on the battlefields we have seen the first strongest and clearest sign that the United States is now closing the book on the whole affair.