Eigentlich waren mir jüdische Angelegenheiten hierzulande ziemlich gleichgültig, auch ob jemand, mit dem ich zu tun habe, Jude ist oder nicht. Ich bin selbst dann nicht auf die Idee gekommen, wenn so ein Gedanke nahegelegen hätte, wie mir erst kürzlich bewusst wurde; ironischerweise nachdem man mich indirekt des Antisemitismus beschuldigt hatte. In meiner Wahrnehmung war der Antisemitismus in Deutschland weitgehend überwunden, auch wenn er da und dort noch aufflackerte.
Mein Zorn wurde geweckt, als mir 2014, 100 Jahre nach Beginn des 1. Weltkrieges, im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine die Notwendigkeit einer starken Friedensbewegung mehr als bewusst wurde, ich die Montagsmahnwachen beobachtete, die Initiative ‚Friedenswinter‘ begrüßte und dann feststellen musste, dass die aufkeimenden schwachen Flämmchen fast ganz ausgelöscht wurden. Und warum? Wegen des Vorwurfs an einen Teil der Bewegung, Holocaust-Leugner zu sein, und der daraus folgenden ‚Kontaktsperre‘ und Spaltung, die, so muss ich zugeben, auch bei mir zunächst Wirkung zeigte. Sogar oder ausgerechnet der Parteivorstand der ‚Linken‘ hatte dazu ja einen entsprechenden Anti-Querfront Beschluss gefasst. Nach drei Jahren Auseinandersetzung mit dem Querfront-Thema, welches aus meiner Sicht eine extrem anti-aufklärerische Atmosphäre schuf und viele wichtige Stimmen in Misskredit brachte, andererseits aber ja auch nicht mehr so stark zu ‚ziehen‘ schien wie am Anfang, setzten 2017 die Ereignisse um die Karls-Preis Verleihung an Ken Jebsen doch wieder ‚eine Schippe drauf‘: nämlich eine weitere Spaltung. Nach anfänglichem Erfolg teilte sich die als ‚Querfront‘ diffamierte Gruppe in der Auseinandersetzung um die Person Gilad Atzmon noch einmal.
Das konnte in meinen Augen doch nicht wahr sein! Meinungsfreiheit für alle? Selbstverständlich. Aber doch nicht für ‚menschenverachtende Antisemiten‘! In denjenigen, die sich mit diesem ‚Brunnenvergifter‘ befassen wollten, sei der immer schon latente Antisemitismus der ‚Deutschen‘ aufgeweckt worden. Zu massiven anti-jüdischen Ausschreitungen sei nun der Weg nicht mehr weit. Das waren sinngemäß die Antworten, die ich bekam, als ich Meinungsfreiheit auch für Atzmon einforderte. Wieder ging es bei der Spaltung um eine jüdische Frage, diesmal um eine ‚inner-jüdische‘. Die Lösung: Streit vermeiden, sich aus inner-jüdischen Auseinandersetzungen heraus halten, die Einladung Atzmons als Fehler werten?
Ich schrieb stattdessen einen offenen Brief an die Herren, die meinten ich sei dem Antisemitismus verfallen: Antwort an Davidson
Außerdem einen längeren Blog-Artikel: Gilad Atzmon, die Meinungsfreiheit und ich
Daraufhin rief mich Gilad Atzmon an und schlug mir ein gemeinsames Projekt vor: Daraus entstand das Gespräch: „Gilad und Clara – Gespräche einer ‚Antisemitin‘ mit einem ‚Brunnenvergifter'“, das jeweils in 8 Teilen auf englisch und deutsch erschien:
Gilad und Clara Final with new – uli
Das Pseudonym Clara S. hatte ich aus Angst vor der eigenen Courage gewählt, und schon das spricht Bände.
Später entstand dann noch der Artikel: „Warum ich mich als Goy mit einem ‚inner-jüdischem‘ Streit beschäftige.“ Juden als Sündenbock_2