Die Sache mit dem russischen Angriffskrieg ist und bleibt eine hochemotionale Sache; sie bleibt aber auch hoch relevant, wenn daraus imperialistische Angriffsmotive Russlands konstruiert werden, wie das viele Linke tun, vermutlich die meisten. Und sie gehen dann noch weiter und interpretieren die neue Weltlage als inter-imperialistischen Konflikt, wobei die Gleichung Kapitalmus = Expansionsdrang = Imperialismus angewendet wird. Demzufolge sind alle Imperialisten unterschiedlicher Couleur: Der kollektive Westen, ebenso wie Russland, China, Indien oder sonst wer. Mit Lenins Imperialismustheorie hat das nichts zu tun. Darauf soll aber hier nicht weiter eingegangen werden. Zurück zum Ukraine-Konflikt:
Ingar Solty schreibt z.B., es sei eine Verschwörungstheorie anzunehmen, die Russen seien zum Angriff provoziert worden (ISW Report Nr. 133/134: Die neue Blockkonfrontation, S. 9). Vielmehr sei der Ukraine-Krieg für die USA eine „glückliche Fundsache“ gewesen. Denn sie seien nun die Hauptprofiteure des Krieges. Letzteres stimmt natürlich. Aber ist die Sache mit der Provokation wirklich nur eine Behauptung des „verschwörungstheoretischen Rands“ (Solty)?
Kann man diesen Streit nicht einfach zurückstellen und sich auf die Notwendigkeit eines sofortigen Friedens einigen? Man sollte es sicherlich. Denn angesichts des Kriegshorrors ist notwendig, alle Vorbehalte zurückzustellen und Verhandlungslösungen zu finden.
Kann man aber in der wissenschaftlichen Diskussion darauf verzichten, empirische Befunde zu würdigen? Nein. Und da gibt es nun weitere Hinweise. (Neben dem, was Nato-Chef Stoltenberg selbst sagte.)